Freitag, 2. Dezember 2011

2. Törchen: ...beschaulicher Advent









Drrrrrrrr! Es ist 5:15 Uhr als der Wecker rasselt, wie an jedem Morgen in der Woche. Ich habe noch eine halbe Stunde Zeit um zu duschen, mich anzuziehen und die Brote für die Arbeit fertig zu machen. Dann schnell zur Bushaltestelle. Der Weg zur Haltestelle dauert nur 3 Minuten. Es empfiehlt sich pünktlich zu sein. Denn auf Verspätungen kann man sich um die Zeit nicht verlassen, obwohl diese auch vorkommen. Im Bus ist es ruhig. Es sind überwiegend die selben Leute die man jeden Morgen sieht. Am Bus- und Hauptbahnhof heißt es dann umzusteigen in den Schnellbus. Das ist zeitlich knapp. Aber fast immer klappt es. Wenn nicht, dann heißt es 30 Minuten warten. Von meiner Haltestelle sind es dann noch einmal knapp 9 Minuten Fußweg. Ich nutze die Zeit gerne um mich zu sammeln. Autofahrer können sich diesen Luxus an Zeit nicht vorstellen.

Im Büro angekommen, den Rechner starten, während dessen kann der unverzichtbare Kaffee durch die Maschine laufen. Kurz einen Blick auf eingegangene Emails, schauen, welche Aktenvorgänge unbedingt zu erledigen sind und was sonst noch so ansteht. Schnell steht der grobe Schlachtplan für den voraussichtlichen Tagesablauf. Freitags drängt die Zeit, da unsere Öffnungszeiten von 7:15 – 12.00 Uhr begrenzt sind. Viel länger möchte man dann im Normalfall auch nicht bleiben. Bis 8.00 Uhr kann man noch ganz gut Dinge abarbeiten. Dann wird es lebhafter.

In dieser Woche sind drei Klagen vom Verwaltungsgericht eingegangen. Alles Cannabisfälle, alle ziemlich gleich gelagert. Die Leute waren vollgekifft und sind Auto gefahren. Die Anwälte klagen mit hanebüchenden Argumentationen gegen die Entziehung der Fahrerlaubnisse. Die Klageerwiderung ist eine Routinesache. Die Fälle sind eindeutig und anhand der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist der Ausgang klar. Alle wissen das. Nur die Herren Anwälte nicht. Gibt es heute kein Standesrecht mehr oder ist dieses Niveaue Standard? Ich mache mich bei den Klageerwiderungen an den Feinschliff. Zwischen den Zeilen ein paar Hinweise für die Eltern, wenn die das interessieren sollte. Sie sollen bloß nicht auf den Mist rein fallen, den die Anwälte zum Besten geben. Ich bin geladen...

Anruf vom Dezernenten. Ein Mitglied des Kreistages hat Unterlagen abgegeben. Wir sollen uns um zügige Erledigung kümmern. Die Unterlagen werden von einem Boten gebracht. Damit ist der Freitag fast schon gelaufen. Denn solche Dinge, ohne dass der Kunde vor Ort ist, sind Zeitfresser. Es soll schnell gehen, ohne Aufwand und so zwischendurch. Der Arbeitsrhythmus ist hin. Ich bin mit einem Augenzwinkern angefressen, aber nicht böse. Zwischendurch Kundenanfragen und immer der Versuch doch zwischendurch die Klagen zu bearbeiten. Die Uhr rennt unbarmherzig.

12 Uhr, die Klappe fällt, die Eingangstür wird dicht gemacht. Die Kollegen bringen die Dienstsiegel. Diese werden unter Beachtung besonderer Sicherheitsvorkehrungen aufbewahrt. Ich bin Herr von gefühlten tausend Schlüsseln. Dank eines Kassenautomaten müssen wir uns heute weder um Einnahmen noch um Wechselgeld kümmern.

Ich schaffe so gerade den Bus um 12.30 Uhr. Da sind jetzt auch Schüler drin. Beim Umsteigen am Hauptbahnhof erwische ich einen Sitzplatz. Neben mir platziert sich eine sehr robust gebaute Frau. Keine 10 Sekunden später mir schräg gegenüber ein junges Mädchen, vermutlich noch keine 20, aber mindestens 120 Kg schwer. Ich fühle mich eingekeilt wie ein Sandwich. Der junge Schüler mir gegenüber ebenso. Ja, ja, die holde Weiblichkeit. Der Bus ist proppevoll. Die Luft schwer atembar. Geräuschkulisse von unzähligen Stimmen. Das dicke Mädchen hat Kopfhörer aufgesetzt. Ich darf mithören. Handygespräche werden vor und hinter mir geführt. Ich habe das Gefühl mein Schädel platzt gleich. Die Busfahrt dauert heute 17 Minuten; es kommt mir vor wie eine Ewigkeit.

Ich darf endlich aussteigen. Ich habe während der Fahrt beschlossen heute sofort laufen zu gehen. Umziehen, raus an die frische Luft.

Es ist etwas kühler als heute Morgen 8 statt 12 °C. Der Sturm ist abgeflaut. Der mäßige Wind ist frisch. Die Wolkendecke lockert auf. Die Sonne bricht durch. Herrliches Laufwetter am 2. Dezember. Schnell habe ich Arbeit und die vergnügliche Busfahrt vergessen. Ich strahle jetzt mit der Sonne um die Wette. Heute habe ich meinen Fotoapparat dabei. Jagd-Objekt heute: Bäume.

Baumriesen sehen im Winter noch majestätische aus als zu anderen Jahreszeiten, wenn Laub nicht mehr die bizarr geformten Äste verdecken. Als erstes stoppe ich an einer großen Eiche. Schnapp - schnapp, ein paar schnelle Bilder. Das Licht ist aber ungünstig. Dann geht es zu der riesigen Schwarzpappel, die in dieser Woche zurückgeschnitten worden ist. Ein groteskes Bild.Wenn es denn dem Überleben der Pappel dient, dann mag es seine Richtigkeit haben. Ich bin aber ehrlich gesagt skeptisch.

Es geht weiter ins offene Feld. Der Wind pfeift hier genüsslich durch eine Baumschule. Am Bauernhof mein nächstes Ziel: zwei sehr schöne Weiden. Die wurden vor etwa einem Jahr zurückgeschnitten. Sie haben sich prächtig erholt. Zum Fotografieren steht die schon tiefe Sonne aber zu ungünstig. Es geht vorbei an einen Nadelbaum, den die Anwohner liebevoll geschmückt haben, wie schon im letzten Jahr. Es ist der schönste Weihnachtsbaum den ich kenne und es ist halt ein echter, lebender Baum.

Ich bin inzwischen im kleinen NSG Backumer Tal. Pfützen lassen erkennen, dass es ordentlich geregnet hat, in der vergangenen Nacht und noch etwas heute Morgen. Ich werde von einem schnelleren Läufer überholt. Später kommt mir eine Läuferin entgegen.Sie telefoniert mit einer Freisprechanlage. Es ist hier viel zu schön um sich durch telefonieren ablenken zu lassen. Ich halte an und mache ein paar Bilder. Leider komme ich nicht umhin, auch die wild entsorgte Couchgarnitur zu dokumentieren. Schade, schade, schade. Es könnte alles so schön sein. Die telefonierende Läuferin kommt mir erneut entgegen, immer noch am Reden. Ich kann auch den Gesprächspartner deutlich hören...

Langsam bewege ich mich in Richtung „Heimat“. Die Sonne, fast schon am Horzont, wird kurz durch eine Wolke verdeckt. Jetzt müssen auch die beiden Weiden dran glauben. Auch sie werden von mir auf die Speicherkarte verbannt. Ich bin fast zu Hause. Mein Lieblingsbaum wartet schon auf mich. Eine freistehende Eiche. Aber sie ist nicht mehr allein. Es hat sich vor ein paar Jahren ein Baumkind dazu gesellt. Um die beiden vor die Linse zu bekommen, muss ich gut 300 m über eine aufgeweichte Wiese laufen. Crosstraining ist angesagt. Die beiden Bäume werden von vorne und hinten fotografiert. Ich bin wieder einmal begeistert. Die Fotos sind nie so schön wie die Realität. Nochmal die 300 m zurück durch den Wiesenmatsch. Ich sehe jetzt etwas verschlammt aus.

Saustoffbetankt und hungrig kehre ich nach Hause zurück. Der Stress ist vergessen. Advent? Meinetwegen. Beschaulichkeit muss aber erst noch kommen. Immerhin: Mein 2. Advents-Törchen wartet noch auf mich.

_________________________________________________________________________________
In meinem Adventskalender befand sich heute eine schöne dicke Birne, die habe ich mir für gleich aufgehoben..
_________________________________________________________________________________
Wetter heute um 6 Uhr: 12 °C, einsetzender regen, Sturm!!!

__________________________________________________________________________________
Lauf heute um Uhr 14.00 Uhr:
von Baum zu Baum
Distanz: 11 Km
herrliches Laufwetter: heiter bis bewölkt, 8 °C (!), mäßiger Wind;

___________________________________________________________________________________
Aufmacher in der Zeitung:
Rollen 152 Castoren durch den Kreis Recklinghausen?
Streit m Atomtransporte von Jülich nach Ahaus entbrannt


Lokalteil:
Die Stasi war immer dabei
(Nach 20 Jahren Akteneinsicht)

Zweiter Aufmacher:
94-jhrige vor die Tür geschickt
(Bank wechselt 500 Euro-Schein nicht)

__________________________________________________________________________________
Auch Vorweihnachtliches gab es heute zu lesen:
- Zeitung verlost Bummelpässe
- Bustransfer zum Weihnachtsmärchen „Pippi“
- Ihr Kinderlein, kommet! (Ankündigung für Krippenspiel am 3. Advent)
- Schlittenfahrt fürs Gasthaus
- Modell- und Eisenbahnfreude laden zu adventlichen „Fahrtagen“ ein
- Nikolausumzug in Süd


Hinweis: während der Dauer meiner Adventstörchen-Beiträge habe ich die Kommentarfunktion deaktiviert.

Keine Kommentare: