Donnerstag, 28. Mai 2009

Karstadt-Marathon, Nachtrag 1






































Nichts ahnend, dass es gleich eben nicht los geht, bin ich noch bester Laune.

Warten auf die Streckenfreigabe unter dem Dach der Tankstelle.
Nach 45 Minuten des Wartens friere ich.

Das Starttor bricht zusammen!

Limbecker Platz erreicht.

Auf der Zielgeraden.

Die letzten Meter tun weh!

Momente nach dem Zieleinlauf klappt es auch wieder mit dem Lachen.

Freitag, 22. Mai 2009

Nach dem Marathon

Nach dem Marathon ist vor dem Marathon. Und so habe ich mich heute Morgen wieder auf die Strecke gewagt. Ganz vorsichtig angefangen. Sozusagen Schritt für Schritt, 45 minütiges Joggen. Den Marathon vom Sonntag habe ich gut weggesteckt. Nicht, dass ich davon nichts mehr spüren würde. Aber ich kann schmerzfrei laufen. Das ist doch was. Selbst den Betriebsausflug am Mittwoch in Hannover habe ich heil überstanden. Da war ich 15 Stunden unterwegs. Und zum Schluss war mir das Sitzen im Zug zuviel- Überall hat`s gezwickt. Beim Laufen heute Morgen war nichts mehr davon zu spüren. Ich habe die frische Frühlingsluft genossen und Spaß dabei gehabt. Das ist das Wichtigste dabei. Nur für einen Marathon würde ich nicht laufen. Es gehört zusammen: der Spaß und das Ziel.

Dienstag, 19. Mai 2009

Whiskey In The Jar

Stell Dir vor Du gehst zum Marathon und der findet gar nicht statt! Nun, das ist wohl übertrieben. Denn dass der 6. Karstadt-Marathon von Dortmund nach Essen überhaupt nicht statt finden würde, stand wohl nicht zur Diskussion. Doch die Situation, bevor das Läuferfeld auf die Strecke geschickt wurde, war schon irre. 10.30 Uhr sollte der Start erfolgen. Die Läufer hatten sich auch schon in den verschiedenen Startbereichen aufgestellt. Was nicht erfolgte war die Startfreigabe, mit oder ohne Startschuss. Nach einigen Augenblicken des Wartens kam die Lautsprecherdurchsage, dass der Start sich etwas verzögern würde; es gäbe da ein ordnungsrechtliches Problem auf der Strecke, das aus Sicherheitsgründen noch geklärt werden müsste. Es wurde die Zuversicht vermittelt, dass man das zügig lösen würde. Man würde sich rechtzeitig vor der Startfreigabe wieder melden.

Das ist einfach zu blöd. Denn wer steht schon gern am Marathonstart, um dann zu hören, dass es erstmal nicht losgeht. Nachdem es eine halbe Stunde nicht geregnet hatte, war es am Himmel dunkel geworden und es fängt an zu regnen. Zum Glück gibt es zwei Tankstellen im Startbereich, wo sich die meisten Läufer unterstellen können. Es schüttete wie aus Kübeln. Wie lange mochte die Verzögerung dauern? Was mochte so gravierendes los sein, dass der Start nicht durchgeführt wurde. Ein falsch abgestelltes Auto? Probleme im Baustellenbereich in Bochum? Die Minuten verrinnen. Die Kleidung teilweise wieder angelegt, wenn man das Glücke hat wie ich eine Frau dabei zu haben, die sich als Kleiderständer missbrauchen lässt. Es ist kalt, wenn man so in Laufkleidung rum steht und die Himmelsschleusen sich ganz weit geöffnet haben. Trotz der angelegten Kleidung bekomme ich eine dicke Gänsehaut auf den Oberschenkeln. Die erste Viertelstunde vergeht. Außer der erklärenden und beschwichtigenden Lautsprecherdurchsagen passiert nichts. Marathonläufer lassen sich nicht so leicht aus der Fassung bringen. Wer wochenlang trainiert hat will dann auch endlich laufen. Irgendwann ist dann aber die Geduld auch zu Ende. Was machen die Organisatoren denn da. Schon im letzten Jahr hat es Organisationsprobleme wenn auch ganz anderer Art gegeben. Das sollte doch alles besser werden und jetzt so was.

Zwanzig Minuten, halbe Stunde. Das geht doch gar nicht! Was denken die sich eigentlich! Wer je einen Marathon gelaufen ist weiß, dass das Timing stimmen muss. Die letzte Nahrungsaufnahme, das Trinken, ja gerade auch der Gang zur Toilette. Man will doch nach Möglichkeit unterwegs nicht in die Büsche, die dann in den Städten ja auch noch rar sind. Bei jeder Lautsprecheransage wird das Gemurre größer. Der Mann am Lautsprecher kann zwar nichts dafür. Aber das sind ja auch alles keine erklärenden Informationen. Es ist einfach ein Supergau. So langsam meldet sich bei mir ein leichtes Hungergefühl. Und ehrlich gesagt, ich habe bald keine Lust mehr. Selbst wenn es jetzt losgeht, was soll das jetzt noch für ein Lauf werden?

Eine dreiviertel Stunde des Wartens ist um. Sagen die wohl ab? Dann die Durchsage. Der Start ist freigegeben. Rückmarsch in den Startbereich. Das schützende Dach verlassen, raus in den Regen.

Das Feld setzt sich langsam in Bewegung. Die Brille habe ich zuvor noch im Gürtel verstaut. Denn im Regen hilft sie mir nicht. Ich laufe als Blindfisch los. Aber bis zum Straßenbelag kann ich noch ganz gut sehen. Das ist auch sinnvoll, da man ja nicht gleich die erste große Pfütze erwischen will.

Es ist ein echter Kaltstart. Und die Bewegung tut gut. Der erste Kilometer in 6:22 Min./Km. Ich wollte etwa 20 Sekunden langsamer loslaufen. Nehme also einen Gang raus und liege nach 2 Km bei 13 Minuten. So passt das. Es geht ganz gut. Der Regen ist nicht so schlimm. Ich habe auch noch eine Kappe auf. Der linke Oberschenkel und das Knie sind ruhig. Haben mir in den letzten beiden Tagen Sorgen bereitet. Leichtes Ziehen und Schmerzen. Ich hatte keine Erklärung außer einer Überforderung aus dem zurückliegenden Training. Es geht jetzt ganz gut. Der Regen hört auch auf.

32.30 Minuten für die ersten 5 Km. Das fühlt sich noch ganz leicht an. Aber es ist auch erst der Anfang. 10 Sekunden langsamer wollte ich pro Kilometer eigentlich sein. Und dabei hatte ich mir auch was gedacht. Die Sonne kommt raus und knallt auf den nassen Asphalt und meine nasse schwere Kappe. Nach 8 Km schmeiße ich sie an den Straßenrand, wo schon andere überflüssig gewordene Kleidungsstücke liegen. Richtung Opelwerke geht es aufwärts. Es zieht sich. Bloß nicht überziehen. Lieber langsam hoch und nicht zuviel Kraft hier investieren. Dann geht es rein ins Werk. Das ist eine Änderung gegenüber dem Vorjahr. Es geht durch die riesige Halle. Leer und gespenstig still, bis dann die Musik aus einem Lautsprecher halt. Eine Zahl von Opelarbeitern feuert die Läufer an. Es geht um die Zukunft der Arbeitsplätze. Es geht um die Menschen. Deshalb ist es gut hier durchzulaufen. Was hilft die größte Halle, wenn da nicht mehr gearbeitet wird.

Dann geht es wieder raus ans Tageslicht, zurück in die Sonne, die das Regenwasser aufsaugt. Es ist jetzt fast schon schwül. Ich schwitze ordentlich. Ich werde eher als vorgesehen das erste powergel nehmen. Nach der langen Warterei vor dem Start, bei dem Wetter, braucht der Körper schnell Energiezufuhr.

Es geht durch die Zeiterfassung bei Km 10: 1:06:46 Stunden. Auf dem Anstieg bin ich langsamer geworden. Das ist nachvollziehbar. 6:41 Min./Km sind eine vernünftige Grundlage für das weitere Rennen. Ich vermag meine Kräfte nicht so recht einzuschätzen. Anstrengend ist es schon.

Es sind weniger Menschen an der Strecke als in den beiden vergangenen Jahren. Kein Wunder. Erst der Regen. Dann die Warterei und das deutlich dünnere Läuferfeld. Die Halbmarathonläufer aus den Vorjahren von Dortmund nach Herne fehlen. Sie fehlen den Zuschauern, sie fehlen auch den Marathonis. Das Feld hat sich auseinandergezogen. Zwar sind immer Läufer in Sichtweite. Aber teilweise habe ich den Eindruck ich laufe alleine. Da kann ich dann auch einen Landschaftslauf mitmachen. Das ist nicht das, was ich mir unter einen Stadtlauf vorstelle. In der weitläufigen Bochumer Fußgängerzone ist das besonders augenfällig. Später gibt es dann doch in Teilstücken an der Strecke von Bochum nach Herne hilfreiche Unterstützung. Das macht Beine, wobei jetzt auch ein leichtes Gefälle hilft. Ich bin spürbar schneller geworden. Vergesse ich wie weit es noch ist?

An der ersten Verpflegungsstelle mit Bananen greife ich gleich zu. Auftanken. Ich muss aufpassen, dass ich nicht die Kilometer zähle, die noch vor mir liegen. Noch 28; noch 27. Hört sich schrecklich an, wenn man schon 14, 15 Km hinter sich hat. Wie lange laufe ich schon, wie lange muss ich noch. 3 Stunden noch? Unvorstellbar. Schnell wegdenken. Die Gedanken verändern. Zwischenziele setzen.

Gleich sind wir doch schon in Herne. Weniger Zuschauer als sonst. Weniger Läufer aus Herne als noch im vergangenen Jahr, als der Halbmarathon hier endete. Ich greife in die Gesäßtasche um nach dem nächsten Powergel zu greifen. Da höre ich eine Stimme: „Didi!“ Da steht doch tatsächlich unser BVB-Kumpel Thorsten mit seinen Enkelkindern. Ich sehe sie gerade noch rechtzeitig und kann wenigstens noch winken. Finde ich super. Habe ich auch nicht wirklich mit gerechnet, bei dem Wetter zu Beginn und nach der Verzögerung.

Jetzt geht es langsam in Richtung Halbzeit, der erste Halbmarathon. Ich bin schneller geworden. Bei der Halbmarathonmarke liege ich bei 2:18:20 Stunden (= 6:33 Min./Km). Damit liege ich ziemlich genau im Soll. Was ich in dem Augenblick allerdings nicht realisiere ist die Durchschnittsgeschwindigkeit von Km 10 bis hierhin. Das sind 6:27 Min./Km. Das ist flott und an der oberen Grenze dessen, was ich laufen sollte. Ich mache mir allerdings Gedanken, ob ich den zweiten noch bevorstehenden Halbmarathon genauso durchstehen werde wie den ersten. Noch bin ich locker, doch die Anstrengungen spüre ich schon. Die Luftfeuchtigkeit macht mir zu schaffen. Andererseits hat mein Magen, der morgens noch rebellierte, Frieden mit mir geschlossen. Und ich habe keinerlei Beschwerden mit der Muskulatur oder dem Knie, das in den letzten Tagen leicht schmerzte.

Die anderen Läufer. Ich suche bei Gelegenheit immer mal die Möglichkeit mich hinten dran zu hängen, mich ziehen zu lassen. Doch das ist immer nur vorübergehend. Meist endet es an der nächsten Verpflegungsstation. Überholt werde ich kaum. Wohl mal von Schülern, die am Schülermarathon teilnehmen. Wenn ich das richtig sehe, dann machen fünf Schüler ein Team aus, die sich die Marathonstrecke teilen. Einige laufen wie die Feuerwehr, andere gehen, als hätten sie schon 35 Km hinter sich. Sie tragen alle ein gelbes T-Shirt und sind so gut zu erkennen. Ich finde das eine schöne Sache. Vielleicht findet der ein oder andere ja nachhaltiges Interesse am Laufen. Es ist sicher ein tolles Gemeinschaftserlebnis bei so einer Veranstaltung mitzumachen, wenn es mit dem Laufen so einigermaßen hinhaut. Der ein oder andere Läufer zollt seinem zu hohen Anfangstempo Tribut und fällt schon zurück. Bei mir läuft es noch ganz gut. Nach 25 Kilometer spüre ich aber schon, dass meine Beine langsam schwer werden. Zu schnell angefangen? Wirkt sich das lange Warten am Start aus? War die Muskulatur vom Training doch überstrapaziert? Fragen, die ich nicht beantworten kann. Es hilft jetzt auch nichts mehr. Jetzt heißt es nur noch laufen, was die Beine hergeben: gleichmäßig, locker, nicht zu schnell.

In Gelsenkirchen ist es relativ ruhig am Straßenrand. Einige Bewohner haben sich Stühle vor die Tür gestellt. Es gibt kleinere „Nachbarschaftsfeten“. Aber eben nur sporadisch. Ich kämpfe und schwitze. Sehne die nächste Verpflegungsstation herbei. Vor allem wegen der erholsamen Gehschritte beim Trinken. Zwischen Km 26 und 27 spüre ich erstmals ein Stechen in der linken Wade. „Autsch“! Der Läufer neben mir hört mein leichtes Fluchen. „Ein paar Schritte gehen“, rät er. „Ich bin auf den ersten 20 Km zu schnell angegangen, habe es unterschätzt“, erzählt er. Für Gehpausen bin ich noch nicht bereit. Für Wadenkrämpfe ist es aber auch noch viel zu früh. Ich laufe weiter und es geht auch noch. Ich sehne den Km 30 herbei. Will mein Tempo bis dahin halten. Den ratgebenden Läufer habe ich bald hinter mich gelassen. Immer mehr Läufer brauchen Gehpausen. Ich überhole sie und beiße mich durch.

29 Km, da ist Betrieb an der Strecke. Für einige hundert Meter gibt’s Party an der Strecke und Anfeuerung, die ich jetzt auch brauche. „Zeig, dass du noch laufen kannst.“ Das ist das Kampfschwein, was sich meldet. Der innere Schweinehund lauert noch im Hinterhalt, wartet auf seine Chance. Der „Come together point“ mit den Läufern aus Oberhausen. War er das gerade? Aber wo sind denn die Oberhausener? Ich registriere nicht, dass es mehr Läufer geworden sind. Viele können es jedenfalls nicht gewesen sein. Ein Tag später lese ich in der Zeitung, dass die „Oberhausener“ die Verspätung am Start in Dortmund nicht abgewartet haben. Das ist die Erklärung dafür, dass es kein wirkliches Zusammenlaufen gegeben hat.

30 Km geschafft. 3:16:42 Stunden. Bis dahin habe ich mein Tempo gehalten, 6:33 Min./Km. Wie hoch ist der Preis dafür? Ich fühle mich angeknockt. Finde kaum noch positive Gedanken. Ziehe die nächste Grenze bei Km 35 und danach den Lauf durch das Gelände der ehemaligen Zeche Zollverein (36, 37 Km). Bis dahin ist noch weit. Zwischen Km 31 und 32 die ersten sehr ernsthaften Krämpfe in der linken Wade. Teufel tut das weh. Jetzt muss ich gehen, ein paar Schritte wenigstens. Das hilft und es geht auch gleich weiter. Jedenfalls ist Schluss mit lustig.

Irgendwie schaffe ich die 35 Km auch. Etwas langsamer aber kein wirklicher Einbruch. Leider habe ich die Zeit vergessen. War noch auf Bestzeitkurs, auch unter Berücksichtigung, dass ich vielleicht nur noch 7:00 Min./Km schaffe. Ich kalkuliere, wenn ich bei 40 Km unter 4:30 Stunden bleibe, habe ich noch eine minimale Chance die 4:44:30 Stunden aus dem Herbst am Baldeneysee zu packen. Doch jeder Kilometer scheint jetzt endlos. Die Waden wollen nicht mehr. Schicken laufend Warn- und Alarmsignale.

„Zollverein“ ist erreicht. Darauf habe ich mich gefreut. War erstmals hier im Januar bei einem Seminar. Hat mir sehr imponiert. Hier gibt’s Musik. Aber nur wenig Zuschauer. Eigentlich schade. Ich laufe durch das Zechengelände, die alte Kokerei. Das alte Ruhrgebiet, ohne das es die großen Städte und diesen Lauf gar nicht geben würde. Eine gute Idee die Strecke hier durchzuführen.

Durch Zollverein bin ich jetzt durch. Läuferisch geht nur noch wenig. Dabei ist es auch kein Trost, dass ich immer noch Läufer überhole, denen es kräftemäßig noch schlechter geht als mir. Ich verliere Zeit. Die Beine streiken. Ich halte Anschluss an 2 Läufer die das Trikot vermutlich eines Amateurfußballvereins tragen. Die beiden laufen noch. Laufen heißt nicht gehen. Ich hänge mich dran, solange es geht. Dann geht es wieder mal ein paar Schritte nicht. Ich schließe wieder auf. Die Kilometerschilder 38 und 39. Aus einem Lautsprecher dröhnt „Whiskey In The Jar“. Ich bin begeistert und schaffe es mitzuklatschen. Für Sekunden vergesse ich den Schmerz.

Ja, ja, ich werde ankommen. Aber wann und wie. Ich gehe mal wieder, laufe wieder zu den beiden gerade erwähnten Läufern auf. Dann hat einer von den beiden Krämpfe. Die beiden sehe ich dann nicht mehr.

Kilometer 40 erreicht. Keine Zeiterfassung. Ich bin aber noch deutlich unter 3:30 Stunden. 4:28:xx??? Keine Ahnung mehr. Ich kann auch nicht mehr rechnen. Normalerweise wäre ich auch mit einem Rucksack noch in 15 Minuten am Ziel. Doch nach 40 Kilometern ist nichts mehr normal. Das Laufen wird zur Ausnahme, das Gehen zur Regel. Jetzt nur noch das Ziel als Ziel. Die Fassade der Essener Innenstadt im Visier. Schön sieht anders aus (sorry an alle Essener, ist aber so).

Ich werde über meiner Zeit aus dem Herbst bleiben. Habe mich abgefunden. Es ärgert mich nicht die Spur. Dazu ist es jetzt einfach zu hart. Finishen, einfach nur finishen.

Kilometer 41. Jetzt werden es wieder mehr Zuschauer. „Nur noch 1 Kilometer, ihr schafft das“, höre ich. Für mich sind es aber noch 1,195 Km. Die 195 m am Ende schenkt mir auch keiner. Will auch nichts geschenkt haben. Will nur noch ins Ziel.

Durch das Zuschauerspalier. Laufen, zeigen dass es noch geht. Gibt keine guten Haltungsnoten. Jeder Schritt ist jetzt mit Schmerzen verbunden. Da kommt eine Zeitnahme, aber noch nicht für mich? (Halbmarathon? Es sind noch ein paar Meter. Da sehe ich meine Frau winken. Winke ich zurück? Versuche ich zu lachen? Ich weiß es nicht. Filmriss! Piep! Uhr stoppen! Zaun! Festhalten!

Ein paar Sekunden später bin ich wieder ansprechbar. 4:45:27 Stunden habe ich gestoppt. Ich bin nicht eine Spur enttäuscht. Kein bisschen. Bin ja im Ziel. Ich erhole mich rasch. Die Medaille.

Den irre lang gezogenen „Verpflegungsbereich“ nach Zieldurchlauf haben wir schon vorher abgecheckt. Der Marathon nach dem Marathon. Da habe ich keinen Bock drauf. Eine kleine Öffnung im Zaun. Raus hier. Auf einer Treppe ziehe ich mir warme Sachen über. Erstaunlich wie schnell ich mich erhole. Zur U-Bahn. Es gibt Rolltreppen, fast überall. Im Zug nach Hause. Leicht aufkommende Freude über das Finishen meines 5. Marathons. Erfahrungsaustausch mit einem anderen Läufer im Zug.

Richtige Freude kommt dieses Mal in den Tagen danach. Ich habe beim Training alles gegeben. Und beim Marathon auch. Ich habe versucht meine Bestzeit moderat zu verbessern. Hat nicht sollen sein. War nicht ganz der richtige Tag dafür. Vielleicht beim nächsten Mal?

Noch nie habe ich einen Marathon so gut überstanden wie dieses Mal. Sicher, leichten Muskelkater und schwere Beine. Aber selbst die Treppen komme ich problemlos rauf und runter. Habe wohl nicht alles falsch gemacht. Werde mir aber das zurückliegende Training und den Verlauf des Marathons noch mal ganz genau anschauen. Aber ein paar Tage darf ich mich schon noch ausruhen und das Erreichte genießen.

Freitag, 15. Mai 2009

Nur noch 42,195 Kilometer

Der Anlauf ist geschafft. 995,5 Km bin ich in diesem Jahr zur Vorbereitung auf Sonntag gelaufen. Das sind ganz schön viele Kilometer. Manchmal war es knüppelhart. Gestern waren es nochmals 6,3 Km, etwas schneller als Marathontempo. Jetzt ist es fast zu Ende und ich bin gespannt auf Sonntag. Zielzeit ist 4:40 Stunden. Mal sehen wie es wird..

Dienstag, 12. Mai 2009

Marathon - Der Fünfte!




1. 13. Mai 2007, Karstadtmarathon (Dortmund – Essen): 5:19:28 Stunden

2. 30. September 2007, Berlinmarathon: 5:17:23 Stunden

3. 18. Mai 2008, Karstadtmarathon (Dortmund – Essen): 4:49:52 Stunden

4. 12. Oktober 2008, RWE-Marathon (Rund um den Baldeneysee): 4:44:30 Stunden

5. 17. Mai 2009, Karstadtmarathon (Dortmund – Essen): ???


Noch 6 Tage. Die Spannung steigt. Wie wird es werden? Spielt das Wetter mit? Wie ist die geänderte Strecke. Ich freue mich jedenfalls auf den Lauf durch das Gelände der ehemaligen Zeche Zollverein. Das steht bei Km 37/38 an. Da werde ich schon sehr müde sein. Der Blick fokussiert sich auf „das Ereignis“. Etwas Vorfreude ist auch schon dabei, dass es endlich (wieder) so weit ist.

Montag, 11. Mai 2009

Auf der Zielgeraden

Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, Marathon. Der Countdown läuft. Das wichtigste jetzt ist gesund zu bleiben. Wie wichtig das ist, habe ich wieder einmal in der letzten Woche erfahren. Ein kleine Erkältung, Hustenreiz, Halsschmerzen und ein Schwächegefühl. Der Puls deutlich höher als normal. Das sowieso schon reduzierte Trainingsprogramm schrumpfte zusehends. Jetzt ist aber alles in Ordnung. Der letzte Härtetest war ein Lauf über 19,1 Km in 6:23 Min./Km. Das wäre eine Marathonzeit vom 4:29 Stunden. Zu schön um war zu sein. Wahrscheinlich geht es eher in Richtung 4:45 Stunden. Doch wie ich es angehe werde ich erst am Start nach Gefühl entscheiden und das Wetter spielt da auch eine große Rolle.

Montag, 4. Mai 2009

Hermannslauf

Vom Hermannsdenkmal bei Detmold bis zur Sparrenburg nach Bielefeld; 31,1 Km lang, 515 m nach oben, 710 m nach unten. Das ist der Hermann. Doch schließlich habe ich im Rahmen meiner Marathonvorbereitung auch fleißig trainiert. Zwei Läufe von 31,8 Km und in der Haard auch etwas Hügel-Lauf. Am Sonntag vor dem Hermann auf 21,6 Km immerhin 360 Höhenmeter rauf und 360 Höhenmeter runter. Ein Hauch vom Hermann (dachte ich jedenfalls).

Vor dem Hermannslauf heißt es früh aufstehen. Zunächst stehen 125 Km an. Allerdings mit dem Auto von Recklinghausen nach Bielefeld. Am Waldhof-Gymnasium die Startunterlagen abholen geht schnell. Dann nach Detmold zum Parkplatz Nähe Freilichtmuseum (jedenfalls wenn man mit Begleitung ist). Von dort mit dem Bustransfer. Die Serpentinen gehen nach oben. Ein Vorgeschmack darauf, dass es rauf und runter geht. Ausstieg in der Nähe des Hermanndenkmals. Etwas orientieren. Es sind drei Einscheckpunkte vorhanden, je nach Zielzeit. Wie das ablaufen wird, erschließt sich mir noch nicht. Noch 1 ½ Stunden bis zum Start. Die Beine in den Bauch stehen möchte keiner. Es gibt reichlich Bänke, aber noch viel mehr Läufer. Die Sonne kommt raus. Für Ostwestfalen sind 24 Grad angekündigt. Läufer sind nicht wählerisch und setzen sich auch auf dem Boden. Das Wetter lässt es zu. Das sitzen wird unbequem. Bevor der Hermann endgültig ruft kommt der obligatorische Toilettengang. Anstehen. Nicht die schönste Art die Zeit rum zu kriegen. Ganz unmittelbar vor meinem Eincheckpunkt finde ich einen freien Platz auf einer Bank. Das nennt man Glück. Neben mir sitzen offensichtlich Hermannslaufveteranen. Rechts neben mir sitzt ein älterer Herr. Der ist zum 36. Mal dabei. Wahnsinn! Ich räume ein, dass ich diese Teilnahmezahl nicht mehr schaffen werde. Es wird zunehmend voller. Die Bank wird von Läufern eingepfercht. Fast ist es mir jetzt peinlich zu sitzen. 10 Minuten vor dem Start erhebe ich mich. Kaum Platz sich zu recken oder zu strecken. Eng wie auf der Südtribüne in Dortmund, wenn 80.000 Zuschauer im Stadion sind. Ich stehe sehr weit vorne. Aber zurück geht jetzt nicht mehr.

Endlich ist es soweit. Wir bewegen uns in Richtung Startpunkt. Es geht eigentlich zügig los, eben weil ich sehr weit vorne stehe. Am Startbogen die Stoppuhr in Gang gesetzt. Es geht zunächst abwärts. Ich habe mir das Höhenprofil vorher angesehen. Nach kurzem Lauf kommt ein Verkehrszeichen: 20 % Gefälle! Holla die Waldfee. Einerseits hilft die Schwerkraft. Andererseits geht das in die Beine. Jedenfalls auf Dauer. Und so steil runter kenne ich es auch nicht. Ich pendle heftig mit den Armen. Obwohl es runter geht, gerate ich schon ins schwitzen. Nach 3 Km gibt es einen ersten leichten Anstieg. Dann wieder sacht runter.

Nach 5 Km ist Schluss mit lustig. Der erste ernsthafte Anstieg. Aber was heißt ernsthaft. Absolutes Neuland für mich. Ich denke an meinen letzten Trainigslauf in der Haard. Von wegen „Hauch von Hermann“. Hermann lacht sich über mich kaputt. Es ist aber nicht nur der Anstieg. Die Bodenbeschaffenheit wechselt ständig. Normaler Waldweg (selten), schmale Pfade, Stock und Stein, tiefer Sandboden. Ich hätte einige Runden im Sandkasten trainieren sollen. Unrhythmisches laufen in der Gruppe kostet zusätzlich Kraft. Ich muss es zugeben, ich schaffe es nicht bis ganz nach oben. Reihe mich in die Geher-Gruppe ein. Waren alles ehemalige Läufer. Ich will mich ja auch nicht kaputt machen. Da ich sehr weit vorne gestartet bin, werde ich in dieser Phase überholt. Nicht gut für die Psyche.

Nach 7 Km oben. Endlich geht es wieder runter. Ich habe Zeit verloren. Aber wenn ich nachrechne, könnte ich wenig über 3:30 Stunden bleiben. Doch mir ist klar, dass das eine Rechnung ohne den Hermann ist. Die ersten 7 Km haben mich gelehrt: das ist kein normaler Lauf. Es geht jetzt ein ganzes Stück ohne größere Anstiege weiter. Aber die Bodenbeschaffenheit ist nervig. Und inzwischen ist es richtig warm geworden. Zum Glück gibt es öfters was zu trinken als ich geglaubt habe. Aber bei der Hitze ist das auch dringend nötig. Es staubt ordentlich und ein reger Pollenflug; wenn der Wind von vorne kommt, halte ich zuweilen eine Hand vor Mund und Nase. Ich habe einen Laufrhythmus gefunden. Doch nach gerade 14 Km fühle ich mich schon richtig geschlaucht und jetzt geht es knüppelhart hoch. Ich nutze die erste Gelegenheit und reihe mich in die große Zahl der Geher ein. Das war mir schon beim Studium des Streckenprofils klar. Da hochlaufen zu wollen hätte mir vorzeitig den Garaus gemacht. Doch wann will ich denn jemals ins Ziel ankommen? Zweifel nagen daran, ob das Ganze hier Sinn macht. Ich bin doch keine Bergziege! Was mache ich hier eigentlich? Was hat mich hier hingetrieben? Ich weiß es nicht mehr. „Hermann ist Kult“! Ja, ich erinnere mich wieder.

Immer noch kalkuliere ich meine Endzeit durch: 3:45 Stunden. Hochgerechnet. Doch ich spüre selbst, dass ich doch beängstigend langsamer werde. Kann man hier auch aussteigen? Und wie geht das bitte schön? Aussteigen? Soweit bin ich noch nicht. Aber viel fehlt wohl auch nicht mehr.

Was ich nicht vermutet hatte, es sind viele Zuschauer an der Strecke. Lassen sich, nachdem das Spitzenfeld lange durch ist, das Spektakel der völlig fertigen Läufer im hinteren Teil des Feldes nicht entgehen. Besonders an der Panzerbrücke bei Kilometer 9,5 stehen die Zuschauer dicht an dicht. Vielleicht ist es ein Bereich, an den man dicht mit dem Pkw heranfahren kann. Das Highlight ist aber viel später der Lauf durch Oelinghausen (oder so ähnlich). Kopfsteinpflaster, abschüssige Strecke und eine super tolle Anfeuerung. Besser ist es weder beim Karstadt-Marathon moch in Berlin. Ich wirklich froh, dass es ein Gefälle ist. Da kann man ganz ordentlich "Gas geben". Hier zu gehen wäre echt peinlich gewesen.

Die Hitze: Je länger der Lauf dauert, desto mehr machen Hitze, Staub und Pollenflug zu schaffen. Die Versorgung mit Getränken ist aber in Ordnung. Doch einige hundert Meter nach der Getränkeaufnahme ist der Mund wieder trocken.

Die Bodenbeschaffenheit: ich habe ja schon oben angedeutet, wie anstrengend das wechselnde Geläuf ist. Doch dazu gibt es noch eine Steigerung: Treppen. Nicht dass es mich überrascht hätte. Schließlich war das auf der Homepage nachzulesen. So ein paar Stufen würde ich schon schaffen, habe ich gedacht. Hustekuchen. Jeder Schritt eine Qual. Keine Kraft mehr in den Beinen. Im letzten Teil des Laufes gab es davon nochmals ein großzügiges Treppenangebot, aber mit der Möglichkeit auf einem schmalen Waldpfad ohne Stufen auszuweichen. "Für Weicheier", wies eine Tafel zu Beginn des Anstiegs die Richtung aus. Sehr freundlicher Motivationsschub. Ich fühlte mich so was von "weicheimäßig", dass ich nicht die geringsten Skrupel habe, auf die Stufen zu verzichten. Am Ende des Treppenanstiegs muss ein Dudelsackspieler die Läufer begrüßt haben. Wenn ich ihn als "Weichei" auch nicht sehen konnte, so habe ich ihn gehört und mich wenigstens darüber ein bisschen gefreut.

Bei Kilometer 22 gab es mal wieder eine größere Zuschaueransammlung. Ein junges Mädchen feuerte uns mit einem Megafon an. "Nur noch 9 Km. Das schafft ihr mit links. Das Schlimmste habt ihr hinter Euch. Das sieht noch gut aus." Fand ich total Klasse, auch wenn ich genau fühlte wie ich wirklich aussah. Einige Kilometer weiter im Wald vier junge Mädels, die zu Abba-Musik tanzen und mit Lautsprecher auch etwas mitsingen. "Wir sind die letzte Attraktion der Strecke", höre ich noch. Jede Ablenkung ist hilfreich und kann für Sekunden die Mattigkeit und die schweren Beine vergessen lassen. Wie gerne hätte ich mich jetzt einfach in die Büsche verkrochen.

Einige Male höre ich Rettungswagen, die wohl liegen gebliebene oder verletzte Läufer abtransportieren. Einmal, in einem für Kraftfahrzeuge unzugänglichen Teil, kommen 2 Sanitäter mit einer Trage entgegen. Nicht für mich. So wollte ich dann auch nicht enden. Jetzt die letzten Kilometer irgendwie zu Ende bringen. Irgendwann sah ich dann die Tafel "nur noch 4 Km". Das setzte sich so von Kilometer für Kilometer fort. Das motiviert dann noch mal, was den Durchhaltewillen angeht. Nur noch 2 Km". Ein Ordner ruft: “Jetzt habt ihr es bald geschafft. Nur noch ein kleiner Anstieg." Der Schreck fährt mir durch die Glieder. Noch mal wieder rauf! Selbstverständlich schaffte ich das auch nur noch gehend, obwohl es nicht wirklich steil und weit hoch geht. Der letzte Kilometer ist anstiegsfrei! Jetzt wieder den richtigen Laufschritt aufsetzten. Man will sich im Ziel ja keine Blöße geben. Die 4 Stunden würde ich nicht unterbieten können. Vielleicht 4:01:00 Stunden? Mir egal. Jetzt der Zieleinlauf. Birgit steht wie verabredet an der Strecke und macht sich rufend und winkend bemerkbar. Immerhin schaffe ich es noch einen Arm zu heben. Die letzten Schritte und die Zeiterfassung piept. Ich stelle meine Stoppuhr ab. Laufe an die Absperrung heran. Stütze mich mit beiden Händen ab. Ein kurzes, etwas gequältes Grinsen. Der Hermann hat mich nicht besiegt. Aber viel hat auch nicht gefehlt. Ich posiere mit Medaille für ein paar Fotos. Trinke im Versorgungsbereich einen Becher Tee esse einige Apfelstücke und noch ein Stück Banane.

Jetzt, wo es vorbei ist, erhole ich mich relativ schnell. Bin natürlich kaputt. Ein Hauch von Erleichterung. Noch keine wirkliche Freude. Dafür fühlte es sich bei einigen Anstiegen zu sehr nach Niederlage an. War es aber nicht. Die Freude stellt sich eigentlich erst einen Tag später ein.

Mit 4:00:27 Stunden sind immer noch mehr als 630 Läufer hinter mir, auch wenn es darauf nicht ankommt. Ich habe eine echte Grenzerfahrung überstanden, wieder eine Menge gelernt, übers Laufen und über mich selbst. Vor dem Lauf hatte ich mir zum Ziel genommen lachend durch die Zeitaufnahme zu laufen. Das habe ich wohl nicht ganz geschafft. Weiteres Ziel war, nach 2 lauffreien Tagen wieder trainieren zu können. Es sind dann drei freie Tage geworden. Ich spürte auch am Mittwoch noch ein ziehen im linken Oberschenkel und wollte keine Verletzung riskieren. Seit Donnerstag laufe ich wieder und es war auch höchste Zeit. Am 17. Mai findet der Karstadt-Marathon. Am Montag, ein Tag nach dem Hermannslauf, kam. wie als Drohung die Teilnahmebescheinigung für den Marathon. Das nennt man Timing.

Die Woche nach dem Hermann habe ich am Sonntag mit einem 35 Km-Lauf abgeschlossen. Habe den Hermannslauf also gut verkraftet. Die heiße Phase der Marathonvorbereitung ist geschafft. Jetzt heißt es den Laufumfang etwas zu verringern und sich ein wenig erholen.