Dienstag, 28. Oktober 2008

Herbstlauf

















Der Waldboden wird von einem braun leuchtenden Blätterteppich gesäumt. Das verbleibende Blätterdach auf den Bäumen schimmert in bunten Farben. Die Luft ist klar und frisch und noch nicht zu kühl. Die tief stehende Sonne blinzelt zwischen den Bäumen hindurch. Kaum noch Leute unterwegs. Doch, da kommt „unser“ Sicherheitsingenieur mit einer sehr rothaarigen Begleitung und Hund. Die „Rothaarige“ ist kein Geheimnis. Und da ich alleine durch den Wald rausche, gibt es kein „Sicherheitsproblem“. Ich setze diesen wunderschönen Lauf durch die Herbstlandschaft fort, als könnte ich nicht genug kriegen. Auch der kurze heftige Anstieg zum Feuerwachturm (47 Höhenmeter auf einer Strecke von 700 m) macht mir heute nichts. Macht Laufen glücklich? Gelegentlich macht es jedenfalls tierisch viel Spaß.

Die Bilder entstammen einem Spaziergang auf dieser Strecke, bei nicht ganz so gutem Wetter..

Dienstag, 14. Oktober 2008

42,195 Kilometer um den See, der für einen Marathon eigentlich zu klein ist




Als ich mich in letzter Minute in die Schar der Marathonis einreihe, kann ich eigentlich froh sein. Doch über das, was sich in den 14 Tagen davor alles an Zweifel angesammelt hatte, mache ich mir keine Gedanken mehr. Jetzt gilt die Konzentration einfach nur noch dem was kommt: dass es gleich losgeht, dass ich das richtige Tempo finde und wie es mir wohl ergehen wird. Dabei müsste ich wirklich froh sein, dass ich überhaupt am Start bin.

Vor gut 14 Tagen galt es noch den langen Lauf durchzuführen: 32 Km. Der Lauf auf den Freitag vorgezogen, denn am Sonntag gab’s noch mal Fußball in Dortmund von der Südtribüne. Der Lauf war ok. Herrliches Herbstwetter. Natürlich trotzdem anstrengend, bei einer Laufzeit von etwa 3:38 Stunden. Hinterher gab es ein Problem. Die Füße taten ungewöhnlich weh. Am rechten Mittelzeh gab es einen Bluterguss unter dem Nagel. So was gibt es beim Laufen. Der Schuh hatte wohl nicht optimal gesessen. Vielleicht etwas zu locker. Den dunklen Nagel habe ich heute noch. Aber ein Problem war das eigentlich zu keiner Zeit. Eine Woche vor dem Marathonstart nochmals 19 Km. Regen und starker Wind. Nach 2 Stunden hatte ich das Gefühl, dass die Beine nicht zu mir gehören. Fühlten sich an wie Fremdkörper. Die Angst mich zu erkälten war groß. Aber es schien wohl gut gegangen zu sein. Doch 3 Tage später dann Halsschmerzen, Hustenreiz und ein schlappes Gefühl. Ob es die Auswirkungen des Regenlaufes war weiß ich nicht. Diese leichten Anzeichen einer Erkältung sind normalerweise auch kein Problem. Es sei denn man will gerade einen Marathon laufen. Am Mittwoch war die Sache für mich gegessen. „Das war’s“, dachte ich mir. Keine Hoffnung mehr. Da war es auch kein Trost, dass ich noch nicht angemeldet war, das Startgeld noch nicht investiert hatte. Aber 3 Monate hatte ich richtig hart trainiert. Trainingseinheiten durchgezogen, Kilometer abgespult, alles gnadenlos diszipliniert durchgehalten. Was zählt da schon ein eingespartes Startgeld.

Doch ich hatte Glück. Die Erkältung kündigte sich drohend an. Aber bereits ein Tag später war deutliche Besserung spürbar. Stunde um Stunde wurde es besser. Auch meine Stimmung stieg wieder an. Und am Freitag war klar: Morgen fahre ich noch Essen. Da mache ich es fest. Dann die letzte halbe Stunde im Büro, am frühen Freitagnachmittag. Es wird Zeit zum Ende zu kommen. Da noch ein Anruf. Den schaffe ich auch noch. Jetzt die Sachen packen und ... Ich stoße mit dem linken Oberschenkel heftig an die Kante meines Schreibtisches. Auweia, dass war heftig. Erst die Schmerzen, dann der Schock und die Panik sich möglicherweise verletzt zu haben. Aber nach einem Augenblick geht es schon wieder. Ich fahre direkt von der Arbeit in den Wald, um wie geplant eine letzte leichte Trainingseinheit durchzuführen. Die vorherige Karambolage mit dem Schreibtisch macht zunächst keine großen Probleme. Ich spüre zwar „etwas“. Aber es geht. Als ich zuhause zur Ruhe komme setzten im Oberschenkel wieder die Schmerzen ein. Nicht unerträglich, aber auch so, dass ich sie nicht ignorieren kann. Schnell eine Sportsalbe aufgetragen und die Hoffnung, dass die Nachtruhe es richten wird. Doch die Schmerzen sind latend vorhanden. Manchmal ziehen sie sich merkwürdigerweise bis ins Knie.

Samstagmorgen nach dem Aufstehen erste Beruhigung. Kaum Schmerzen. Ein ganz klein wenig. Doch ob damit ein Marathon zu machen ist?

Mittags jedenfalls fahre ich mit dem Nahverkehr nach Essen. Die Lehre daraus: Am Sonntag fahre ich mit dem Auto. Die Nachmeldung geht problemlos. Am See ist großer Rummel. Weniger durch die 700 Walker, die sich auf eine kleine Runde um den See auf den Weg gemacht haben. Vielmehr hat das herrliche Herbstwetter tausende von Ausflüglern angezogen. Wie soll da eine Laufveranstaltung reibungslos funktionieren? Meine Hoffnung: es ist die 46 Marathonveranstltung um den Baldeneysee. Die werden wissen was sie tun.

Jetzt stehe ich also am Start. Es geht mir gut. Keine Erkältung. Keine Probleme mit dem Oberschenkel. Es kann losgehen. Einige Meter vor mir 2 Zugläufer für die Zielzeit 4:45 Stunden. Das ist meine Zielvorstellung. Darauf hin habe ich trainiert. Für mich überraschend: für den Zeitbereich war nichts angekündigt. Egal. Das ist doch eine Chance sich da einzuklinken. In der Gruppe mitlaufen. Mal sehen wie das geht.

Wir zählen obligatorisch gemeinsam die letzten 10 Sekunden runter und es kann losgehen. 2.200 Läufer waren über die Zeitung angekündigt. 1.900 machten sich immerhin jetzt auf dem Weg. Ich achte erstmal darauf gut wegzukommen. Es geht auch alles recht flüssig. Die Straße im Startbereich ist breit genug und lässt Platz. Den ersten Kilometer laufe ich in 6:45 Minuten. Eine Punktlandung. Ich bin automatisch bei den 4:45 Stunden-Läufern angekommen. Halte mich am Ende dieser kleinen überschaubaren Gruppe mit den beiden Zugläufern, die Luftballons, die an den T-Shirts befestigt sind, hinter sich herziehen. Ich laufe ein, zwei Schritte hinterher. Etwas Abstand, damit ich niemanden in die Hacken laufe. Ich bin es gewohnt alleine unterwegs zu sein. Das Laufen in der Gruppe hat einen großen Vorteil. Die Zeit vergeht im Fluge. Ich wundere mich wie schnell die ersten Kilometer vorbei sind. Das Tempo macht mir keinerlei Schwierigkeiten. Und ich muss nicht einmal darauf achten. Die Laufen tatsächlich wie ein Uhrwerk, so um die 6:42 – 6:43 Min./Km. Ich schaue natürlich trotzdem auf die Uhr. Das ist Gewohnheit. Das ist auch vernünftig. Schließlich muss ich wissen worauf ich mich einlasse.

„Rund um den Baldeneysee“ ist ein Landschaftslauf. Es geht zweimal um den See und innerhalb der ersten Runde gibt es noch eine Zusatzschleife, damit die 42 Km auch zusammenkommen. Es ist ein Landschaftslauf. Und ich hatte mir vorgenommen das zu genießen. Doch eher beiläufig nehme ich die Umgebung war. Nun gut, zunächst geht es ein ganzes Stück über die Straße. Es ist noch etwas dunstig. Nachdem ich einmal angefangen habe zu laufen, wird mir relativ schnell warm. Zwei Läufer in der Gruppe tragen vollständige lange Laufbekleidung. Ich würde eingehen. Es gibt Gespräche in der Gruppe. Ich halte mich da raus. Vielleicht ist es der Respekt vor dem was noch an Kilometern ansteht. Ich spare mir die Luft. Ich weiß, dass wir hier kein Spaziergang.

Der Lauftrott in der Gruppe. Jäh wird er unterbrochen. Da dreht ein Läufer kurz vor mir um und setzt sich in Gegenrichtung in Bewegung. Mühsam verkneife ich mir das Fluchen. Der hat wohl was verloren. Gerade noch mal gut gegangen. Keine 5 Minuten später. Die Schweißperlen stehen auf der Stirn. Ich wische sie mir mit der linken Hand weg, gerate an meine Brille und reiße sie dabei runter. Sie fällt zu Boden. Jetzt muss ich abrupt abstoppen. Hinter mir eine Läuferin hat Probleme mir auszuweichen. Ich greife meine Brille. Gerade noch mal gut gegangen. Ich verkneife mir so gerade noch das Fluchen, dieses Mal ist die eigene Ungeschicklichkeit die Ursache für meinen Unmut. Wenn es noch eine Steigerung von schweigsam gibt, dann erreiche ich diese Stufe jetzt. Doch bald ist der Vorfall verdrängt.

Es ist kein Stadtlauf wie der Karstadt-Marathon oder Berlin. Aber es gibt Trommler an der Straße und ein paar Zuschauer, die verhalten klatschen. Wer den Rummel braucht, hat sich hier den falschen Lauf ausgesucht. Aber die Landschaft ist schön. Der See, der Wald. Ich liebe es im Herbst zu laufen. Es gibt sogar Anfeuerungsrufe von einem Ruderboot in Ufernähe.

Ich könnte was zum Tempo schreiben. Aber was soll ich schreiben. Die beiden Zugläufer machen einen einwandfreien Job. Ich schaue auf die Uhr und sehe einfach nur, dass es stimmt. Vielleicht kommt es daher, dass ich mir praktisch kaum eine Zwischenzeit merken konnte? Ich hatte mir einige anzustrebende Zwischenzeiten auf die linke Innenhand geschrieben. Wir lagen immer knapp unterhalb meiner Marschroute.

Schließlich erreichen wir das Teilstück, dass zu dem Wendepunkt bei Kilometer 15 führen sollte. Das bietet Abwechslung, weil vor uns liegende Läufer entgegen kommen. Ansonsten ist dieses Stück das unattraktivste Teilstück überhaupt. Eine abgesperrte Fahrbahn steht uns Läufern zur Verfügung. Endlich wird der Wendepunkt erreicht. Die Zwischenzeit bei 15 Km: 1:40:10 Stunden. Jetzt in die andere Richtung zurück; einige Läufer kommen uns entgegen. Nicht wirklich viele. Ich hatte das auch nicht anders erwartet, hatte mir die Ergebnisliste aus dem Vorjahr angesehen. Die Zahl der „Nachzügler“ hält sich bei dieser Veranstaltung eher in Grenzen.

Bei der Verpflegungsstation etwa bei Kilometer 17 nehme ich den ersten powergel. An der Station zuvor hatte ich bereits ein Stück Banane gegessen. Ich schwitze ordentlich aus und will deshalb rechtzeitig Kohlenhydrate auftanken. Halbmarathon: 2:21:40 Stunden. 50 Sekunden schneller als meine Marschtabelle, die ich jetzt allerdings auch nicht mehr ablesen kann. Der Schweiß, den ich mir hin und wieder von der Stirn wische, hat die Schrift bereits ausgelöscht.

Es geht mir gut und ich mache mir gleichwohl Gedanken, wie es weiter gehen sollte. Das Tempo ist gut. Trotzdem habe ich Bedenken, ob es für mich die richtige Renntaktik ist, ob es einfach so weiter gehen kann. Meine Befürchtung: nach 35 Km werde ich so oder so nachlassen. Beim Karstadt-Marathon im Mai war ich damit erfolgreich, dass ich die zweite Hälfte bis 35 Km das Tempo leicht anzog. Damit konnte ich die Zeit, die in Essen aufgrund der Schlussanstiege und des Kräfteverschleißes verloren gingen, schon vorher gutmachen.

Etwa nach 23 Km habe ich 2 Läuferinnen ganz dicht vor mir. Irgendwie passt deren Laufstil nicht zu meinem eigenen Rhythmus. Ich setzte mich an die Spitze unserer kleinen Gruppe. Ich will keine richtige Tempoverschärfung. Denn den Kräfteverschleiß würde ich bald zu spüren bekommen. Es soll nur einen kleinen Hauch schneller werden. Ich setzte mich deshalb erst kaum ab. Lange noch kann ich die Unterhaltungen hinter mir hören. Irgendwann ist es dann ruhig. Ich laufe jetzt meinen eigenen Lauf. Um mich herum sind immer irgendwelche Leute. Aber Einzelkämpfer, die mir zur Orientierung dienen. Es gibt zu diesem Zeitpunkt auch schon vereinzelte „Geher“ unter den Läufern. Ich achte darauf, dass ich mein Tempo halte, habe meine gedachten Zwischenzeiten im Kopf und überprüfe diese ständig. Bei 30 Km bin ich etwas über 3:21 Stunden. Das ist gut und auch nicht zu schnell.

Das jetzt bis 35 Km beibehalten. Aber es wird jetzt schon anstrengender. Nach 34 Km spüre ich die ersten Stiche in der rechten Wade. Warnsignale. 35 Km in 3:54:35 Stunden. Immer noch etwas unterhalb meines Fahrplanes. Es wird aber auch immer schwerer. Erste leichte Krämpfe. Es versetzt mich noch nicht in Panik. Besonders beim Berlin-Marathon vor einem Jahr hatte ich damit Bekanntschaft gemacht.

Jetzt bekomme ich doch ernsthaftere Schwierigkeiten. Aber noch kann ich Läufer vor mir einholen, die jetzt vermehrt längere Gehpausen einlegen musste. Neben der rechten Wade meldet sich jetzt auch noch die Muskulatur oberhalb des linken Knies. Das tut weh! Ein kurzer Schmerzensschrei und ein Fluch hinterher. Ein paar Schritte gehen. Aber nur kurz. Ich will mich nicht auf das Gehen als neue Fortbewegungvariante einlassen. Noch bin ich nicht am Ende. Nur kurze Unterbrechungen, wenn die Schmerzen größer werden. Ich finde zum Glück meinen Lauf Rhythmus wieder.

39 Km, die letzte Verpflegungsstation. Erstmals und letztmalig nehme ich einen Becher Cola an. Ein winziger Hauch von Optimismus. Selbst wenn ich jetzt 7 Min./Km ansetze, würde ich eine Bestzeit schaffen und vielleicht sogar noch die 4:45 Stunden packen. 3 Km können so lang sein. Aber ich war jetzt soweit gekommen. Jetzt muss der Rest auch noch zu schaffen sein.

41 Km. Schräg vor mir der laut eigener T-Shirt-Aufschrift „Crazy Runner“, der sich auch von der Gruppe der 4:45 Stunden-Läufer gelöst hatte. „Den packen wir jetzt auch noch“, rufe ich und fange an zu jubilieren. „Das denke ich auch“, ist die knappe Antwort eines Läufers, dem die 41 Km auch ins Gesicht geschrieben sind.

Ich muss nochmals ein paar kurze Schritte gehen. Es ist wie der Ritt auf der Rasierklinge. Jetzt überholt mich die 4:45-er Gruppe. Es überrascht mich nicht. Ist nicht schlimm. Sind ja gleich da. Ich kokettiere mit einer Ordnerin. „Ob die 3. Runde um den See denn genau so lang wäre“, frage ich. „Nur noch ein paar hundert Meter“, höre ich. Das soll beruhigen. Ich sehe nichts, auch nicht das Ziel. Die Sonne scheint mir direkt ins Gesicht, blendet mich. Jetzt habe ich Spaß, lache die Zuschauer an, die Mut machen wollen. Jetzt die Tribüne an der Regatta-Strecke. Ich winke nach oben. Aus der Wade sticht es noch mal erbärmlich. Die Gesichtszüge kann ich leider nicht mehr kontrollieren. Die Beine auch nicht mehr. Warum tut das gerade jetzt so weh? Aber ich laufe weiter. Noch ein Knick und dann noch ein Knick. Bin drin. Bin durch. Gefinished! Mein 4. Marathon.

Wie kann man nur so fertig sein? Ich lehne mich an eine Drahtabsperrung, die den Läuferbereich abgrenzt. „Sieht aus wie „hinter Gittern“. Freude und Erschöpfung. Hier gibt’s Bananen und Wasser. Mag ich nicht mehr. Genug davon runter gewürgt. Hier gibt es auch Erdinger Alkoholfrei. Ich probiere es. Und wie das schmeckt!

Meine Medaille habe ich auch schon um den Hals. War ein hartes Brot. 4:44:30 Stunden. Zielzeit voll erreicht. Nach 2:21:40 Stunden für den 1. Halbmarathon waren es 2:22:50 Stunden für den 2. Halbmarathon. Gut gelaufen.

Mein 2. Marathonjahr ist zu Ende. Nächstes Jahr wieder, im Mai beim Karstadt-Marathon. Bin seit August schon angemeldet. Neue Ziele…

Montag, 13. Oktober 2008

Rund um den Baldeneysee



Ich habe ihn geschafft! Mein 4. Marathon! Wieder mit Bestzeit:
4:44:31 Stunden habe ich gestoppt. Die offizielle Zeit steht noch aus. Bin total happy! Bericht kommt später.