Montag, 17. September 2007

Geschafft!

Der Marathon ist ja erst in 14 Tagen. Geschafft ist aber die intensive Vorbereitungsphase der letzten 10 Wochen. Gestern war der letzte Lauf über 30 Km. Genau waren es 32 Km. Gelaufen bin ich in einer für ich ungewöhnlichen Uhrzeit ab 11.30 Uhr. Morgens kam ich nicht in die Gänge. Habe gefrühstückt und es dann langsam gehen lassen. Aber es musste ja sein. Der letzte „Lange“ ist ja auch der Wichtigste innerhalb der Vorbereitung. Gab nur eine kurze Diskussion mit dem innere Schweinehund, dann auf in den Katzenbusch nach Herten, 20 Runden mal 1,6 Km. Es war sonnig, um die 21 Grad warm, so zog es mich in den Schatten. Bei mehr als 30 Km ist es mir egal immer im Kreis zu laufen. Irgendwann nehme ich die Strecke dann sowieso nicht mehr wirklich wahr. Nach Laufguru Jack Daniels (früher dachte ich bei dem Namen nur an Whisky) muss ich nach meinen bisherigen Laufergebnissen meine langsamen langen Läufe mit etwa 8:00 Min./Km laufen. Die ersten 8 Km waren so gesehen mit 64 Minuten eine Punktlandung. Nach ca. 14 Km hatte ich ein Stimmungstief (kein Bock mehr). Nach 24 Km war ich mit 3:11 Stunden eine Minute schneller als vorgegeben. Ich fühlte mich deutlich besser als in der ersten Stunde. Es lief eben einfach. Der Puls stieg aber jetzt merklich an. Ich beschloss also jede Rücksichtnahme aufzugeben. In den letzten 8 Km lag die Durchschnittsgeschwindigkeit bei 7:16 Min./Km; die letzte Runde war am schnellsten: 1,6 Km in 6:44 Min./Km. Für mich ist das mehr als ordentlich. Der letzte „Dreißiger“ war/ist geschafft. Am Tag darauf fühle ich mich wie verprügelt. Aber das kenne ich schon. 30 Km zu laufen ist kein Spaß mehr.

Fazit der 10-wöchigen Vorbereitung:

564 Km gelaufen, das ist ein Schnitt von 56,4 Km pro Woche. Im Vergleich zum Ruhr-Marathon sind das insgesamt knapp 30 Km mehr. Verteilt auf 10 Wochen ist der Unterschied nicht allzu groß. Wenn man aber bedenkt, dass ich verletzungsbedingt tatsächlich nur knapp 9 Wochen gelaufen bin, dann relativiert sich der Vergleich. Dann ist es ein Wochenpensum von mehr als 62 Km und das ist doch schon was. Die Verletzungspause hat mich stark zurückgeworfen. Erst in den letzten 2 Wochen spüre ich einen Formanstieg. Bei den langen Läufen habe ich in den 10 Wochen schon mehr zusammenbekommen als vor dem Ruhr-Marathon (=RM): 3-mal über 30 Km (wie RN); 3 weitere mal mehr als 25 KM (RM 2 mal); 1 mal 24,6 Km (RM = 24,0) und 2-mal über 22 Km (RM 1-mal). Insgesamt ist das Training wohl leicht verbessert. Aber für einen deutlichen Schritt nach vorn wird es nicht reichen. Aber nach dem nicht optimalen Verlauf muss ich zufrieden sein. Vor 5 Wochen fühlte ich mich fast am Ende. Habe mich wieder mal durchgebissen.

Jetzt habe ich 14 Tage Zeit fürs Tapering (für Nicht-Läufer: Trainingsumfang zurücknehmen, um gut ausgeruht in den Marathon steigen zu können). Da werde ich mir auch noch zu meinem Marathontempo Gedanken machen. Ich werde mich wohl an das Tempo vom letzten Mal orientieren: keine Experimente, einfach nur ankommen.

Jahreslaufleistung bisher: 1.798 Km!

Dienstag, 11. September 2007

Laufen mit Venus


Es ist schon recht herbstlich geworden. Als ich kurz vor sechs vor die Haustüre trete spüre ich die kühle Morgenluft. Es ist noch fast dunkel. Der angekündigte Regen ist ausgeblieben. Ein klarer frischer Morgen zeichnet sich ab. Am Himmel zeigen sich noch deutlich einige Sterne und groß und sehr hell die Venus. Das hatte ich noch nicht. Aber es ist schön. Ich habe erstmals wieder eine Taschenlampe mit. Durch das erste Stück meiner Strecke, an einer ehemaligen Zechentrasse entlang, kann ich die auch ganz gut gebrauchen. Die Bäume rechts und links verschlucken das erste zögernde Morgenlicht. Als ich das bewaldete Stück verlasse zeigt sich vor mir am Himmel wieder dieser wunderschöne Morgenstern. Ich will langsam laufen und achte auf meinen Puls. Der Himmel ist aufgeteilt in einem Kontrast von wolkenlosen noch fast schwarzen Blau und tiefschwarzen Wolken. Im Osten kündigt ein heller Streifen den Sonnenaufgang an. Aber das wird noch dauern. Ich trete meine zweite Runde an. Nach einer halben Stunde ist es fast schon hell. Die Taschenlampe brauche ich nicht mehr. Da, wo sich keine dunklen Wolken breit machen, zeigt sich jetzt deutlich das Blau des Himmels. Noch zeigt sich die Venus. Hat es aber bei zunehmender Helligkeit schwieriger ihren Glanz zu entfalten. Einige Wolken nehmen eine rötliche Färbung an. Das spiegelt sich in den Pfützen wieder. „Laufen ohne schnaufen“, so hieß vor etlichen Jahren mal eine Trimm-dich-Aktion. Das betreibe ich heute Morgen ausgiebig. Ich komme dabei kaum ins Schwitzen. Den 30-Kilometerlauf habe ich nach nur einem Ruhetag gut verarbeitet. Da ist nichts zurückgeblieben. Ich fühle mich auf gutem Weg. Die dritte Runde. Die Venus ist verschwunden, verschluckt vom Morgenlicht oder von einer dunklen Wolke. Unser gemeinsamer Lauf ist zu Ende. Für mich geht es weiter. Der Sonnenaufgang vollzieht sich unsichtbar. Im Osten hat sich die Wolkenfront doch noch breit gemacht. Nach 80 Minuten habe ich mein Soll erfüllt. Aber das trifft es nicht. Ich habe einfach nur laufend den Morgen genossen. Ich habe gelernt langsam zu laufen, zu sehen, zu hören, zu spüren. Geduld zu haben und es manchmal einfach laufen zu lassen. Heute Morgen hat es sich ausgezahlt.

Montag, 10. September 2007

Die Psychologie eines 30-Kilometerlaufes

Für mich ist ein Lauf über 30 Km immer noch etwas ganz Besonderes. Es ist irrsinnig lang und sehr anstrengend. Freiwillig würde ich das nicht machen. Aber da ich Ende des Monats den Marathon schaffen will habe ich keine Wahl. Am Sonntag stand wieder einer auf dem Programm. 31,5 Km, wie am Sonntag zuvor. Am Samstag hieß es ordentlich Kohlenhydrate zu sammeln: extra große Portion Müsli, Bananen, Weintrauben und leider auch Kekse und Schokolade. Sonntagmorgen um 6 Uhr: Aufstehen, noch nicht laufen, erst was essen. Eigentlich krieg ich um die Zeit nichts runter. Doch die Erfahrung vom Sonntag davor hat mich eines Besseren belehrt. Nur mit Wasser sind 30 Km noch länger. Also runter mit zwei Marmeladenbroten und einer Banane. Mehr geht nicht um diese Zeit. Noch ein Experiment. Ich genehmige mir eine Tasse Kaffee. Vor dem Laufen habe ich das noch nie riskiert. Da ich nicht sofort nach diesem „Frühstück“ laufen will, lege ich mich noch einmal auf die Couch. Lange halte ich es aber nicht aus. Ich mache mich startklar. Kurz vor acht bin ich auf der Strecke. 10 Runden a 3,15 Km. Ich achte auf den Puls und laufe langsam. Wenigsten 2 Stunden lang soll der Puls niedrig bleiben. Ich habe Zeit. Zeit zum Nachdenken. Aber ich bin zu sehr auf das Laufen konzentriert. Eigentlich ist es ja ganz einfach: rechter Fuß, linker Fuß, rechter Fuß …. Aber im Kopf geistern die 30 Km rum. Letzten Sonntag war ich so kaputt. Könnte ich doch schneller laufen. Dann brauchte ich keine vier Stunden. Eine Stunde zu laufen ist nichts. Auch zwei Stunden schaffe ich noch „aus dem Stand“, auch wenn es zum Schluss dann doch langsam anstrengend wird. Nach zweieinhalb Stunden kommt dann der Wunsch, dass es bald zu Ende sein möge. Nach mehr als drei Stunden ist der Körper leer. Du denkst es geht nicht mehr. Aber irgendetwas hält dich am Laufen. Was ist es? Sportlicher Ehrgeiz? Bei mir wohl kaum. Das Ziel beim Marathon anzukommen? Ein Ziel zu haben ist wichtig. Es gibt Orientierung. Wie kommt dazu sich so ein Ziel zu setzen? Es ist eine sehr individuell bestimmte Motivation, gespeist aus verschiedenen Töpfen. Marathon verlangt Disziplin, Zähigkeit, Geduld, planvolles Vorgehen und manchmal auch Leidensfähigkeit. Bei dreißig Kilometer ist vor allem Leidensfähigkeit gefragt.

Ich nehme heute kaum was von meiner Umgebung war. Es ist bewölkt, trübe aber wenigstens trocken. Bekannte Gesichter, wie fast jeden Morgen. Eine Frau mit Fahrrad treffe ich, eine alte „Bekannte“ bei meinen langen Läufen. Sie ist immer interessiert. „Wieweit?“ „Dreißig“, rufe ich ihr zu, als ich die „Zehn“ noch nicht geschafft habe.

Diesen Sonntag fühle ich mich besser als eine Woche zuvor. Ob es am Frühstück liegt oder weil ich diese Tortour schon einmal hinter mich gebracht habe. Der Puls bleibt lange unten, ich achte bei meinem „Tempo“ sehr darauf. Die ersten zehn Kilometer laufe ich in 8:05 Minuten pro Kilometer.

Bis zur Hälfte der Strecke bin ich auch sehr diszipliniert und lasse mich weder durch Fußgänger noch durch Hunde beschleunigen. Knapp zwei Stunden unterwegs. Der Puls steigt an. Ganz langsam und nicht beunruhigend. Aber er steigt. Der Körper reagiert. Auf Dauer strengt auch langsames Laufen an.

Ich habe die Hälfte geschafft: 15,750 Km in gut 2:06:24 Stunden, langsamer als vorigen Sonntag. Kurz vor erreichen der Halbzeit beschleunige ich das Tempo. Der Puls lässt sich jetzt eh nicht mehr dauerhaft niedrig halten. Die zweiten zehn Kilometer laufe ich einen Schnitt von 7:40 Minuten pro Kilometer. Nach Kilometer 20 laufe ich noch ein Stück schneller. Der Puls steigt weiter an. Anders als letzten Sonntag greife ich bei Kilometer 22 noch nicht zu Kohlenhydraten in Form eines Powergels. Ein Päckchen habe ich im Gürtel dabei. Aber nicht vor 25 Km, habe ich mir vorgenommen. Das schaffe ich auch. Bei 25 Km nehme ich aber nicht nur kein Powergel. Ich trinke auch nichts. Laufe an mein Auto vorbei, in dem ich einige gefüllte Wasserbecher deponiert habe. Kein gutes Zeichen. Deutliches Zeichen für Erschöpfung. Denn so laufe ich fast 9,5 Km ohne zu trinken. Nach der nächsten und übernächsten Runde trinke ich aber wieder. Auf eine Kohlenhydratzufuhr verzichte ich heut bis zum Schluss. Gut so. Das trainiert die Speicherfähigkeit.

Die Wolkendecke ist dünner geworden. Sogar die Sonne lässt sich kurz blicken. Es ist auch etwas wärmer geworden. Kein Wunder. Es geht auf Mittag zu. Wie lange laufe ich eigentlich schon? Ich weiß es genau. Ich trage meine Armbanduhr und meinen Pulsmesser. Aber dieser Lauf dauert unendlich. Ich muss verrückt sein oder so was in der Richtung. Ich glaube es ist mein letzter Marathon, den ich angehe. Diese Schinderei. Gesund ist das auch nicht. Ein Stündchen zu laufen, vielleicht dreimal die Woche, das ist gut. Warum läuft man eigentlich, wenn es konkret nicht gesund ist. Nicht gesund ist aber was anderes als ungesund. Laufsucht? Quatsch! Und wenn schon, wenn ich die Bierflaschen in den Abfallbehältern entlang meiner Strecke sehe, dann ist Sucht doch wohl was anderes. Ich könnte sofort aufhören zu laufen. Aber warum eigentlich? Ich laufe weiter. Aufzuhören wäre idiotisch. Gleich habe ich die „30“. Bin ich kaputt. Wenn ich mich nicht konzentriere dann laufe ich unrund; kein Torkeln, aber ich muss aufpassen und mich zusammenreißen. Die dritten „Zehn“. 7:21 Min pro Kilometer. Noch 1,5 Km. Ein drittes Mal treffe ich heute auf die Frau mit Fahrrad und Hund. Jetzt ohne Fahrrad und Hund, dafür mit zwei Kindern. Sie kommen aus der Kirche. Ihr Sohn läuft auch Marathon. Hatte sie mir heute beim Zweiten Mal zugerufen. Sie sieht mir jetzt die Strapazen wohl an. „Letzte Runde“, gebe ich zur Entwarnung. Ich versuche mein Gesicht zu entspannen. „Auf der Zielgeraden musst du ein freundliches Gesicht machen, da wird fotografiert“, sage ich mir und denke an den Marathon in 3 Wochen. Dann bin ich durch, 31,5 Km. Genau 4:03 Stunden. Anstrengend, aber besser als letzten Sonntag. Das sagt auch meine Pulsuhr mit Stoppuhr. Der Puls ist um 6 Schläge niedriger pro Minute. Dabei bin ich gut 5 Minuten schneller gewesen. Ein Blick in mein Lauftagebuch zu Hause zeigt, dass es mein bisher bester 30-er ist. Es ist der fünfte insgesamt. Endlich schöpfe ich mal wieder Zuversicht. Für den restlichen Sonntag bin ich bedient. Auch heute Morgen, als ich beim Aufstehen schwere Beine spüre. Jetzt geht es aber schon wieder gut. Kein Muskelkater, fast keiner. Morgen geht’s weiter. Aber nur 50 Minuten, ein kleiner Regenerationslauf. Das ist fast nichts. Am Sonntag dann wieder und ein letztes Mal vor dem Marathon diese Gewalttour von 30 Km und mehr. Aber das möchte ich mir jetzt lieber nicht vorstellen.

Freitag, 7. September 2007

Tausend Zweifel

Der Kreislauf war doch nicht so rund, wie ich ihn beschrieben hatte. Eine leichte Oberschenkelzerrung, links. Schmerzen im linken Vorderfuß. Immer links. Das ist meistens so. 3 Tage Zwangspause, schon wieder. Dann wieder richtig losgelegt. Am Sonntag endlich der erste Lauf über 30 Km, 31,5 Km, um es genau zu nehmen. Das war so was von hart. Nach der Hälfte der Strecke war der Akku schon fast leer. Erst wollte ich mir das erste PowerGel einwerfen. Habe aber bis 22 Km durchgehalten. Dann nach gut 25 Km das zweite. Dann ging es mir wieder besser, bis auf ein leichtes Ziehen im Magen. Nach etwas mehr als 4 Stunden hatte ich es geschafft. Es war mittags kurz nach 12 Uhr. Den Rest des Tages habe ich fast ausschließlich in der Horizontalen verbracht. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich die volle Distanz schaffen sollte. Bei der letzten Marathonvorbereitung war ich weiter. Jedenfalls fühlte ich mich nicht so ausgelaugt. Diese Woche kam dann noch eine Erkältung dazu. 1 Tag Zwangspause. Nach also 2 Ruhetagen fühlte ich mich wieder besser. Donnerstagabend 50 Minuten langsames Joggen. Keine Schmerzen. Nirgendwo. Toll, ein neues Laufgefühl. Heute Morgen wieder fast 16 Km. Davon 10 Km Tempolauf. Danach spürte ich allerdings meine Beine. Und beide Füße schmerz(t)en ein wenig. Aber es hat Spaß gemacht. Jetzt nach Möglichkeit noch 2 lange Läufe in den nächsten 9 Tagen und noch etwas das richtige Marathontempo suchen. Dann kann ich in den verbleibenden 13 Tagen langsam angehen lassen. Ziel: Nur noch ankommen. Schwer genug.