Sonntag, 31. Oktober 2010

Rudern gegen den Strom


So ist auch der Oktober 2010 quasi schon Vergangenheit. Zuletzt zeigte sich sogar noch die Sonne und zauberte einen Hauch von "goldenem Oktober". Mit dem Marathon am 10.10.2010 um den Baldeneysee habe ich mein Jahreshauptziel, was das Laufen angeht, doch noch erreicht. Da muss, nein, da darf ich dann auch zufrieden sein. Beim Thema Marathon gibt es zwei Aspekte, die mich besonders interessieren. Zunächst gilt es den Punkt zu erreichen, an dem ich es für möglich halte einen Marathon zu laufen. Diesen Punkt hatte ich etwa vier Wochen vor dem Starttermin erreicht und ich war schon recht zuversichtlich. Dass dieser Punkt schnell wieder aus Sichtweite geraten kann, habe ich dann erfahren, als mir die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung zu machen drohte. Dass es dann letztlich noch geklappt hat, hat bei mir große Freude hervorgerufen, die sich auf der Zielgeraden dann sichtbar und für Nichtläufer in vielleicht nicht nachvollziehbarer Weise entladen hat. Und so war dann der für mich zweite Punkt des Vorhabens auch realisiert. Das Finishen des Marathonlaufes selbst.

Nach so einem Lauf gilt es neue Orientierung zu suchen und zu finden. Zunächst sorgte Euphorie und Begeisterung zu Wunschvorstellungen, was den Rest des Jahres angeht. Dieser und jener Lauf hätte es noch sein können und sollen. Doch die ersten Läufe danach haben mich dann schnell in die Realität zurückgeführt. Ich lasse es jetzt für den Rest des Jahres ruhig angehen, ohne Teilnahme an irgendwelchen Events, außer traditionsgemäß dem Silvesterlauf in meiner Stadt.

Im Oktober sind nach Grippe und Marathonregeneration 134 Laufkilometer zusammen gekommen und in der letzten Woche noch zusätzlich 50 Km auf dem Rad als Alltagsradfahrer.

"Lernen ist wie rudern gegen den Strom. Wer aufhört der treibt zurück," sagt ein chinesisches Sprichwort. Laufen ist eine besondere Form des Lernens, jedenfalls wenn man es über einen längeren Zeitraum intensiver betreibt. Man lernt vor allem etwas über sich selbst. Es ist anstrengend gegen den Strom zu rudern. Zuweilen hat man den Eindruck, dass man trotz des Ruderns kaum gegen den Strom ankommt.

Die nächsten Ziele für das kommende Jahr sind anvisiert. Zunächst steht meine fünfte Teilnahme an der Winterlaufserie in Duisburg an (10, 15 und 21,1 Km). Bei diesen Tests werde ich feststellen, ob und wieweit ich schon zurückgetrieben bin. Dann steht im Mai der nächste Marathon an. Dieses Mal starte ich in Düsseldorf. Das dürfte einen völlig anderen Charakter haben als der Marathon um den Baldeneysee. Jedenfalls wieder ein Marathon. Es ist sozusagen mein jährlicher "TÜV-Stempel" den ich da anstrebe. Angemeldet bin ich schon, auch um eine gewisse innere Anspannung und Konzentration aufrecht zu erhalten. Denn wie gesagt, wer aufhört zu rudern...


Das Bild zeigt die imposanten Stämme von Mammutbäumen, aufgenommen im botanischen Garten der Ruhr-Universität Bochum.

Montag, 11. Oktober 2010

Marathon rund um den Baldeneysee 2010







So hat es also doch noch geklappt, mit meinem Marathon 2010. Ich habe zuletzt jede Hoffnung aufgegeben. Hatte ich zu Anfang der Woche noch „Entwarnung“ gegeben, so wurde es dann von Tag zu Tag schlechter. Ein grippaler Infekt setzte mir enorm zu. Am schlimmsten war der Freitag. Der Normalpuls lag um 20 Schläge höher als üblich, ein deutliches Signal, dass was nicht in Ordnung ist. Ich hatte auf voller Linie kapituliert und überlegte schon, ob ich nicht sieben Wochen später in Herten Bertlich mein Glück versuchen sollte. Am Samstag fühlte ich mich dann völlig überraschend um Einiges besser. Also am Nachmittag auf nach Essen zum Baldeneysee die Startunterlagen abholen. Man kann ja nie wissen, vielleicht passiert das völlig unwahrscheinliche und ich kann doch an den Start gehen. Vor der Fahrt nach Essen noch kurz in die Innenstadt von Recklinghausen, um einige Päckchen Powergel zu erstehen. Dies nur als Beleg dafür, dass ich zuvor den Start tatsächlich abgeschrieben und sämtliche normalen Vorbereitungen eingestellt hatte.

Als ich Sonntagmorgen am Start stehe, kann ich mein Glück kaum fassen. Wirklich unbeschwert bin ich aber nicht. Substanzaufbau durch die Taperingsphase ist das eine. Trainingseinbußen durch Erkrankung ist das andere. Ich habe keine Ahnung, wie ich die 42,195 Km heute hinter mich bringen soll. Ich wäre bereit nach wenigen Minuten aufzuhören, wenn es sich zeigt, dass es keinen Zweck hat. Es gibt wieder einen Zugläufer für die 4:45-Läufer. Normalerweise hätte ich mich dort angeschlossen. Heute aber nicht. Wenn ich etwas unter die 5 Stunden bliebe, wäre es schon prima. Ich stelle mich also noch etwas dahinter auf. Und es geht los. Ich habe den Eindruck es ist etwas zu schnell für mich, trotz aller guten Vorsätze es ganz langsam angehen zu lassen. Der erste Kilometer ist mit 6:30 Minuten deutlich schneller als die geplanten 7:00 Minuten. Die 4:45-Stunden Läufer haben sich trotzdem ein ganzes Stück von mir entfernt, sie sind viel zu schnell unterwegs. Soviel zum Thema Zugläufer. Ich nehme etwas Tempo raus. Die ersten 5 Km laufe ich in 33:10 Minuten, die ersten 10 Km in 1:06:30 Stunden. Das war in etwa das Tempo, was ich mir vor meiner Grippe ausgerechnet hatte. Für heute wird das zu schnell sein. Ich laufe gleichwohl so weiter und lasse es darauf ankommen.

Es ist ein Bilderbuchwetter. Goldener Oktober, strahlend blauer Himmel. Der Wind ist spürbar, kühl aber nicht so stark wie angekündigt. Er wird mich heute nicht stören.

Bald nach Km 10 geht es abseits vom See auf die Straße bis zu einem Wendepunkt. Es ist ein unangenehmer Teil der sonst malerisch schönen Strecke. Es geht darum Kilometer zu machen, weil das zweimalige Umrunden des Baldeneysees sonst für den Marathon nicht ausreicht. Bei der Verpflegung nach Km 11 passiert mir ein Malheur. Ich verpasse den Wasserstand, will nicht die paar Schritte zurücklaufen und auch nichts anderes Trinken, was an den folgenden Tischen angeboten wird. Die nächste Verpflegung gibt es erst nach 16 Km. Das ist noch ein langes End, zumal es jetzt voll durch die Sonne geht. Der einzige Vorteil dieses Wendepunkt-Laufes ist, dass man jetzt vielen Läufern entgegen kommt. Außerdem habe ich das zweifelhafte Vergnügen dem Besenwagen zu begegnen. Gut, dass er schon einen deutlichen Kilometer hinter mir ist. Also bloß nicht nachlassen.

Wendepunkt ist bei 15 Km, den ich mit 1:39:48 Stunden passiere. Ich habe mein Tempo gehalten. Kurz nach Km 16 die Verpflegung jetzt bin ich doch froh, dass es was zu trinken gibt. Ich nehme erstmals ein Powergel, weil es in der Sonne spürbar wärmer geworden ist und ich ordentlich schwitze. Außer Wasser nehme ich noch ein Isogetränk. Bei 18 Km liege ich knapp unter 2 Stunden. Ich laufe sehr gleichmäßig.

Der Marathon um den Baldeneysee ist ein wunderschöner Landschaftslauf. Bei herrlichem Wetter kann man sich kaum was Schöneres vorstellen. Die Sonne glänzt auf dem See. Jede Menge Segelboote sind auf dem Wasser. Und der Wald fängt an die Herbstfarben anzunehmen. Eine Kulisse wie gemalt. Es gibt auch Zuschauer an der Strecke, die einen anfeuern. Ich habe keinen Anschluss zu einer Gruppe gefunden. Mein Laufumfeld wechselt häufig. Aber jedenfalls kommt keine Langeweile auf.

Der Halbmarathon ist nach 2:20:07 Stunden erreicht. So schnell war ich im Rahmen eines Marathons noch nie an dieser Marke. Aber ich spüre schon, dass ich das auf Dauer nicht halten kann. Zunächst geht aber noch. Kurz nach der 23 Km-Marke biegt ein Weg in Richtung Ziel ab. Ein paar wenige Spitzenläufer haben dieses auch schon erreicht. Man bekommt einiges über Lautsprecheranlage an Informationen mit. Fürs Fußvolk geht es jetzt in die zweite Runde. Das ist ein Stadium des Marathons, der einen mental schon etwas fordert. Der Kräfteverschleiß macht sich langsam bemerkbar. Und der Weg ist noch lang. Als ein Staffelläufer neben mir einen längeren Blick auf mich wirft, vermelde ich mich mit einem Augenzwinkern, dass ich noch „lebe“. Der Staffelläufer meint aber, dass er ganz anders aussehen würde, wenn er wüsste, dass er noch die komplette Strecke laufen müsste. Solche Gedanken lässt man besser nicht aufkommen. Ich plane die 25 Km ein und danach die 27 Km und bin gespannt, ob ich dann noch unter 3 Stunden seine werde. Tatsächlich passiere ich die 27 Km in 2:59:42 Stunden. Nächstes Ziel die 30 Km. Längst spüre ich die gelaufenen Kilometer in den Beinen. Man sagt, der Marathon beginnt nach Km 30. Ich stelle fest, dass er bei mir schon nach 27 Km beginnt. Ich spüre, dass ich langsamer werde, auch wenn ich mit dem Laufen an sich noch keine Probleme bekomme. Am 30 Km – Schild wird mein Eindruck durch meine Uhr bestätigt: 3:20:47. Die dritten 10 Km sind um 107 Sekunden langsamer als die jeweilig ersten und zweiten 10 Km. Ich will mich davon nicht beeindrucken lassen, es ist so wie es ist und ich versuche möglichst locker weiter zu laufe, soweit die Füße tragen. Bis 32 Km wenigstens, dann sind es noch gut 10 Km. Dann bis 33 Km, dann ist die Reststrecke nur noch einstellig. Im Feld gibt es schon einige Geher, die ich langsam einsammeln kann. Viele sind es allerdings auch noch nicht. Bei Km 33 kommt bei mir ein Hauch von Zuversicht auf. Ich werde das Ding zu Ende bringen. Ich habe noch keine ernsthaften Schwierigkeiten. Dann habe ich endlich auch die 35 Km geschafft. Das spüre ich, meine Beine wollen nicht mehr wirklich und sind ordentlich schwer. Andererseits nur noch 7 Km. Mensch das geht doch. Ich fange an zu rechnen. Das fällt mir schwer. Ich komme zum Ergebnis, dass ich etwa 4:50:00 Stunden laufen werde und kalkuliere dabei ein, dass ich keinesfalls schneller werden dürfte. Wie Recht ich doch habe. Die Strecke am Baldeneysee ist flach; aber nach 35 Km sieht man dass nicht mehr so. So nehme ich eine kleinste Steigung zum Anlass um ein paar Schritte zu gehen. Ich bin damit nicht alleine. Das geht doch gar nicht und ich versuche möglichst schnell wieder ans Laufen zu kommen. Der Übergang vom Gehen zum Laufen ist bedeutend schwieriger als umgekehrt. Die letzte Verpflegung kommt in Sicht. Keine Bananen mehr, kein Powergel mehr, aber Cola. Ich passiere die 23 Km-Tafel aus der ersten Runde und weiß, jetzt kommt gleich die Abbiegung in Richtung Ziel. Zum letzten Mal überholt mich ein Staffelläufer, die sind 10 Minuten nach uns Marathonläufer gestartet. Ich habe inzwischen die 40 Km passiert. Ich sehne das Ziel herbei. Der nächst Kilometer scheint kein Ende zu nehmen. Aber dann kommt doch die ersehnte nächste Tafel. Mensch, gleich ist es geschafft. Über dem See kreist ein Luftschiff. Am See ist eine Menge los. Na klar, das tolle Wetter und dann noch der Marathon. Jetzt die proppenvolle Promenade entlang. Wenige hundert Meter noch und ich ahne das Ende und beginne zu begreifen dass ich gleich einen Marathon gelaufen bin. Ein tiefes Gefühl unbeschreiblicher Freude ergreift mich. Die vielen Kilometer der letzten Monate und dann die nagenden Zweifel der letzten zehn Tage lösen sich in Luft auf. Dem Ziel so Nahe bekomme ich neuen Schwung. Ich kann wieder halbwegs vernünftig laufen. Ich habe heute keinen einzigen Krampf gehabt, keine wirklich ernsthaften Schwierigkeiten. Jetzt genieße ich die letzten Meter reiße die Arme hoch und freue mich wie ein Schneekönig. Auf den letzten 50 Metern setze ich, völlig verrückt, noch einen kleinen Spurt an. Im Ziel bin ich vollkommen euphorisiert. Ich habe es geschafft, habe ein selbst gestecktes Ziel erreicht, habe mich selbst besiegt, wenn es so was denn gibt. 4:49:28 Stunden werden notiert, völlig nebensächlich. Was zählt ist das Ziel und das ist bei einem Marathon ganz schön weit entfernt.

Danke an Birgit für die schönen Bilder und für die Unterstützung!

Sonntag, 3. Oktober 2010

34 und 35/38: Entwarnung

Die Trainingseinheit am Freitag musste ich ausfallen lassen. Ich fühlte mich durch die Erkältung einfach zu schlecht. Heute Morgen habe ich es dann doch riskiert: 16 Km schön langsam. Es war nicht so, dass ich mich wirklich fit gefühlt habe. Aber es ging besser als erwartet. Und nach dem Lauf ging es mir besser als vorher. Es war auch etwas für den Kopf. Jetzt die kommende Woche bis zum Marathon. Zwei kleine Läufe noch und dann gilt`s.