Samstag, 4. Juli 2009

Über die teuerste Strasse Recklinghausens







Bericht vom Wallringlauf am 28. Juni 2009



Die Teilnahme am Wallringlauf habe ich nicht geplant. Genauer gesagt, ich wußte gar nicht, dass es ihn geben sollte, bis ich am Samstagmorgen beim Frühstück die Zeitung las. Ich war gerade von einem kurzen Trainingslauf zurück, war da ganz zufrieden. Es hatte keine Probleme gegeben, also es gabe keine Beschwerden mehr beim Laufen. In der Zeitung standen mehrere Berichte über das Wallringfest, welches am Sonntag in Recklinghausen stattfinden würde. Natürlich wußte ich, dass es ein Wallringfest geben sollte, mit einem Radrennen als Höhepunkt. Jetzt lese ich also den Artikel und da gibt es dann eine vollständige Programmübersicht: Nordic Walking, Jedermannslauf ....
Jedermannslauf??? Oh, warum höre ich davon jetzt erst? Habe ich die Zeitung in den letzten Wochen nicht richtig gelesen? Oder war das eine geheime Kommandosache? Na, viel steht in der Zeitung auch heute nicht dazu drin. 3 Runden und insgesamt 5,5 Km. Startgeld 10 Euro, Nachmeldungen heute auf dem Rathausvorplatz, 15 Euro.
15 Euro? Für 5,5 Km? Haben die den Schuss nicht gehört? Ich suche im Internet. Vielmehr finde ich da aber auch nicht.
15 Euro für ein Läufchen sehe ich eigentlich nicht ein. Trotzdem reizt es mich um den Wall zu laufen. Also fahre ich in die Stadt und melde mich an. Ich bekomme immerhin noch die Zusatzinformation, dass ich mir am nächsten Tag noch einen Transponder für 10 Euro ausleihen muss.
Sonntagmorgen bin ich pünktlich auf dem Rathausvorplatz. Ich sehe keine Läufer. Für den Transponder und die Startnummer muss ich ins Rathaus. In der Eingangshalle sind Tische aufgebaut und da geht es auch zur Anmeldung. Gähnende Leere. Aber ich bekomme was ich brauche.
Auf dem Rathausvorplatz sehe ich ein paar bekannte Gesichter. Aber wo sind die Läufer? Ich habe noch 20 Minuten bis zum Start. Zeit zum Einlaufen. Es ist schwülwarm. Beim Einlaufen sehe ich dann doch ein paar vereinzelte Läufer, die sich ebenfalls "warm" machen. Ich schwitze jedenfalls schon sehr ordentlich. Nach gut 15 Minuten bin ich wieder am Start. Was ich dort sehe, habe ich inzwischen auch erwartet. Ein kleines Häuflein von Läuferinnen und Läufern hat sich dort versammelt, ich könnte sie zählen. Doch schon kommt der Startschuss und es geht los. Ich war als letzter dazu gestossen. Und so habe ich sogleich das Ende des Feldes übernommen. Ich schätze, dass es so etwa 30 Läufer sein mögen. Und das ist mir klar: heute bin ich ein ganz ernsthafter Aspirant auf den letzten Platz.. Super! Bisher hatte ich das noch immer vermeiden können. Man sagt ja auch, dass man für sich selbst läuft, sein eigenes Rennen, seine eigene Zeit, mit sich selbst ausmachen, was geht. Trotzdem ist man doch immer froh, wenn doch noch ein paar andere hinter einem selbst ins Ziel kommen. Aber was soll`s. Aber warum gerade heute und hier, wo mich doch eine ganze Reihe auch kennen: Nichtläufer, die denken es ginge vorrangig ums Wettrennen.
Ich bin also letztzer. Zunächst habe ich aber noch Sichtkontakt zu einem Läufer, der nicht viel schneller ist. Aber etwas eben doch. Ich lasse ihn ziehen. Ich habe keine Lust zu überziehen und auf diesen kurzen 5,5 Km einen Einbruch zu erleben. Das Feld ist schnell auseinandergezogen. Bald ist das Feld außer Sichtweite. Bis auf diejenigen, die unmittelbar vor mir sind, so, dass ich sie gerade noch sehen kann. Na prima. Ich Laufe also um die Recklinghäuser Innenstadt. Ok, es ist eben so. Ich habe genug Laufroutine, um mein eigenes Tempo zu gehen. Allerdings weiß ich absolut nicht, wo ich stehe nach dem Marathon vor 7 Wochen und einer Zeit in der ich dachte, ich hätte das Laufen fast verlernt.
Ich konzentriere mich auf die Strecke, über die ich tausendmal mal mit dem Auton gefahren bin. Wo ich manchmal nachmittags stehe und frage ob es noch drei Ampelschaltungen sind oder doch nur zwei, bevor ich über die nächste Kreuzung bin. Nicht, dass es hier ein riesiges Verkehrsproblem gäbe, aber zu Stoßzeiten kann es auch mal etwas voller sein.
Jetzt laufe ich also, zunächst über den Kaiserwall, dann über den Grafenwall. Der Wallring ist umgebaut worden. Zunächst wurde eine neue Kanalisation gelegt, dann natürlich die Fahrbahn, die sowieso hätte erneuert werden müssen (ein Standardargument in der Diskussion über die Kosten) und dann die Umgestaltung. Vor allem mehr Grün, anders angeordnete Parkplätze. Nur mit dem eigentlich vorgesehenen Radweg hat es nicht ganz geklappt. Ist eigentlich ein dicker Hammer, für eine Stadt, die den Zusatz "fahrradfreundlich" tragen darf. Gut, das ist eine andere Diskussion. Jedenfalls ist der Wallring nach jahrelangem Umbau das beste Stück Strasse in Recklinghausen. Und darüber renne ich gerade.
Es geht dann um den Kurfürstenwall am Lohtor und der Sparkasse vorbei. Ich mag Recklinghausen. Ich mag ja auch den Wallring. Aber Boulevardcharakter hat er meines Erachtens nicht. Das waren große Sprüche unseres Baudezernenten bei der Vorstellung des Projekts vor Jahren. Quatsch! Dazu ist Recklinghausen nicht groß genug. Und der Wallring ist auch in Teilen nie ein klassischer Boulevard gewesen. Und so wirklich was Besonderes ist er eigentlich auch nicht. Ein Stück Heimat, woran man eben hängt. Wir brauchen hier auch keinen Boulevard.
1,833 Km hat eine Runde.Wenn ich einen Schnitt von 6 Min./Km laufe, werde ich 11 Minuten brauchen. Jetzt geht es den Herzogswall hoch. Eine "Bergwertung" für die Radrennfahrer am Nachmittag. "Berg" ist genauso richtig wie "Boulevard".
Jedenfalls geht es aufwärts. Immerhin 40 Höhenmeter (habe ich hinterher in der Zeitung gelesen). Es geht aufwärts und ich komme einer Läuferin vor mir näher. Junge, Junge! Die hat sich aber falsch eingeschätzt mit ihrem Tempo. Sei`s drum. Ich bin nicht mehr letzter. Zuschauer sind kaum an der Strecke. Warum auch und für wen. Ein Spektakel ist das nicht, was wir hier veranstalten. Aber das Spektakel soll ja erst am Nachmittag stattfinden, mit den hoffentlich ungedopten Radfahrern.
Es geht an die frühere Feuerwehrwache und am Steintor vorbei. Den "Anstieg" habe ich gut geschafft. War nicht so schlimm wie beim Hermannslauf durch den Teuteburger Wald im April. Jetzt der Königswall, das Viehtor und schon der Zielbereich in Sicht. Hier sind doch eine ganze Reihe von Zuschauern versammelt. Birgit und Ronja finde ich in der "Menschentraube" nicht. Dafür höre ich den an mich gerichteten Lautsprecher. Es kann kein anderer gemeint sein, es ist sonst kein Läufer in der Nähe. "Und jetzt kommt ein Läufer, der, wie er mir gestern erzählt hat, auf Marathon spezialisiert ist." Ich könnte in den Boden versinken. Ich bin gerade mal 1,8 Km gelaufen und vorletzter. Nichts wie weg hier. Ich liege einige Sekunden unter der 11 Minuten-Marke, die ich mir selbst gesetzt hatte. Da kann ich doch zufrieden sein.
Es geht weiter und ich schwitze. Vor mir ein sehr langsamer Läufer, den kann ich überholen! Und ich nähere mich dann einem Laufpärchen. Da nimmt einer auf den anderen Rücksicht. Und einer von den beiden ist jetzt langsamer als ich, mit der Folge, dass ich zwei Läufer überhole. Die wenigen Zuschauer an der Strecke sind freundlich und klatschen. Der Anstieg ist zum zweiten Mal geschaft und schnell geht auch diese Runde zu Ende. Dieses Mal entdecke ich meinen "Fanclub" und winke. Jedenfalls kommentiert der Lautsprecher in dieser Richtung und begrüßt mich mit Namen. 21:15 Minuten halte ich am Ziel fest und laufe weiter. Bin zufrieden mit meiner Zeit. Mir ist warm.
Ich nähere mich einem Läufer vor mir. Der macht doch tatsächlich Gehpausen. Gleich zu Beginn des Anstiegs überhole ich ihn. Er ist noch sehr jung. Vielleicht noch ein Schüler? Good luck!
Etwa 30 Meter vor mir befindet sich noch eine Läuferin. Warten wir mal ab, bis wir oben sind. Tatsächlich, genau am Scheitelpunkt habe ich sie. Das sind die Duelle von ganz hinten. Es geht jetzt leicht abwärts. Und dank meiner höheren Schwerkraft kann ich mich etwas absetzen. Ich schaue auf die Uhr. Kann aber nicht so recht einschätzen, wie mein Tempo ist. Jedenfalls geht es jetzt das letzte Stück Richtung Rathaus. Und ich kann zulegen.
31:37 Minuten stoppe ich. Das ist doch völlig in Ordnung ohne besondere Vorbereitung nach dem Marathon. Offiziell sind es 31;43 Minuten. Ich habe das mit der Ziellinie nicht richtig gesehen und wohl zu früh abgestoppt. Sei`s drum. Es gibt eine Medaille und eine Urkunde und - es war doch ein netter, wenn auch ein sehr teuerer Lauf. Schade, dass die Resonanz so dünn war. Sollte es im nächsten Jahr eine weitere Auflage geben, sollte man in Läuferkreisen dafür werben.Ich werde wohl wieder dabei sein, wenn es zeitlich gesehen klappt.
Nach dem Rennen haben wir uns die Inliner angesehen. Sehr beachtlich, was einige da an Tempo hingelegt haben. Fand ich sehr interessant. Sollte meine Rollen auch mal wieder aus dem Keller holen.
Der Wallringlauf hat mir übrigens gut getan. Es ist so, als ob ein Knoten geplatzt wäre. Es geht seitdem viel besser mit dem Training. Schau`n wir mal!












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