Montag, 3. Dezember 2007

Wenn weit vorne ganz hinten ist!


Nicht die Bertlicher Straßenläufe sind ins Wasser gefallen. Aber meine Zeit, die ich mir für den 5 Km Lauf vorgenommen hatte. Das war ja am Sonntag ein Sauwetter. Aber meine Erfahrung in Bertlich ist die, dass die Veranstalter die Streckenposten eher in ein Schlauchboot setzen, als dass sie eine Veranstaltung absagen. Und zum Absagen gab es ja auch keinen wirklichen Grund. Niemand ist ertrunken und selbst ich habe nicht einmal Wasser geschluckt.

Der Reihe nach. Am Sonntagmorgen beim Frühstück sah der Himmel eigentlich noch ganz nett aus. Sogar die Sonne zeigte sich kurzzeitig einmal. Ein Blick auf den Videotext ließ aber Böses erahnen. Sturmwarnung und starker Regen ab Mittag. Mein Lauf sollte um 13.00 Uhr starten.

Also auf nach Bertlich, wo es nahezu zeitgleich mit meinem Eintreffen anfängt zu regnen. Die erste Nässe bekomme ich also beim Gang ins Organisationsbüro ab, wo ich mich anmelde. Zurück ins Auto. Noch eine Stunde Zeit. Würde lieber ein wenig draußen herumgelaufen. Aber bei dem Wetter? Nochmals überlegen, mit welcher Kleidung ich raus gehe. Ich hatte schon zu Hause eine lange Laufhose mit einem ebenso langärmeligen Laufshirt angezogen. Mittlerweile schüttet es richtig heftig. Mit nassen Sachen zu laufen ist ja nicht gerade angenehm. Der Entschluss: die lange Hose wird durch eine kurze ersetzt. Besser nasse Beine, als nasse lange Hose und nasse Beine. Das Laufshirt wird durch eine Laufjacke ersetzt. Die soll ja ziemlich wasserdicht sein, auch wenn es für das Teil wohl etwas zu warm draußen ist.

12.35 Uhr. Es hilft nichts, ich muss mich einlaufen. Klar, dass ich auch noch eine Kappe aufsetze und die Brille in die Jackentasche verschwinden lasse. Mit Tropfen auf der Brille sehe ich noch weniger als wenn ich ganz ohne Brille unterwegs bin. Ich laufe Slalom durch ein Pfützenmeer. Schnell hat es mich doch erwischt und ich kann einschätzen, dass die Pfützen keine Badetemperatur haben. 12.55 Uhr. Am Start sind nur wenige Läufer. Hinten ist heute ziemlich weit vorne. Viele sind doch wohl zu Hause geblieben. Ich schaue mir die anderen an. Das sind heute nur die Harten. Ich bin es ja gewohnt im hinteren Feld zu laufen. Aber heute könnte es um den letzten Platz gehen. Den strebe ich nicht an, auch wenn ich sonst bescheiden bin. 1 – 2 Läufer haben etwas mehr auf den Rippen. Ein paar wenige Ältere, was nichts heißt und ein ziemlich großer Kindergarten. Die jüngsten dürften so ungefähr 45 Jahre jünger und fast 35 Kilo leichter sein als ich. Man muss das positiv sehen. Es gibt noch Kids, die was anderes können als vor dem Computer zu hocken.

Der Start. Die kleine Meute stobt davon. Bei 5 Km kann man nicht langsam anfangen. Ich suche mein Tempo. Was denn auch sonst. Will denn keiner auf mich warten? Vor mir läuft ein Papa mit seiner Tochter, vermute ich. Geschätztes Alter der Kleinen etwa 9 oder 10. Waren / sind aber 11 Jahre, wie ich später aus der Ergebnisliste ersehe. Davor ist noch eine kleine Gruppe von drei Läufern; die haben auch in etwa das Tempo. Es regnet weiter heftig. Aber das schrieb ich ja schon. Aber wenigstens ist es nicht besonders windig. Irgendwie übersehe ich die Tafel mit dem ersten Kilometer. Es stehen so viele Tafeln an der Strecke, weil in Bertlich eben alles an Distanzen gelaufen wird. Nicht so gut, dass ich keinen Hinweis auf die von mir gelaufene Zeit habe. Vom Gefühl her meine ich, dass ich schneller gar nicht kann. Meine Pulsuhr sagt mir sowieso, dass es ungesund ist, was ich da gerade mache. Papa und Kind scheinen etwas nachzulassen. Ich schiebe mich langsam vorbei. Bald dreht sich das ganze wieder um. Das wiederholt sich dann noch mal. Kilometertafel 2: 11:16 Min.; also 16 Sekunden zu langsam. Ich fühle sofort, dass ich die nicht wieder gut machen werde.

Ich höre wie der Papa zu seiner Tochter sagt: „Gleich haben wir schon die Hälfte“. Ich schnappe nach Luft und versuche trotzdem ruhig und gleichmäßig zu atmen. Die beiden sind knapp hinter mir. Das Mädel scheint Schwierigkeiten zu bekommen. „Dann höre auf wenn es nicht mehr geht“, vernehme ich. Ich schaue mich nicht um, das wäre jetzt unfair.

Kilometertafel 3: 17:08 Minuten. Oje. Ich mache schlapp. 5:52 Minuten für den letzten Kilometer. 5:30 Minuten hatte ich mir erträumt. Ich weiß nicht woran es liegt. Die Erkältung in der letzten Woche. Das zu harte Training in den letzten Tagen. Aber wahrscheinlich eher das langsame Marathontraining bis Ende September. Die Regeneration im Oktober mit nur noch der Hälfte bei den Trainingskilometern? Vielleicht kann ich einfach nicht schneller? Egal, weiter mit Anstand zu Ende laufen und nicht ganz einbrechen. Irgendwie geht es dann plötzlich etwas besser. Sind ja nicht einmal mehr 2 Km.

Vor mir noch einige Läufer in Sichtweite. Ich versuche wenigstens nicht den Sichtkontakt zu verlieren. Die Kilometertafel 4; ich bin etwas schneller geworden, überschlage ich. Werde wohl unter 29 Minuten bleiben. Mehr aber auch nicht. Einem Läufer vor mir komme ich langsam näher. Wirklich ganz langsam. Den packe ich mir. Ein Duell fast am Ende des Feldes. Mir hilft`s. Der vor mir bekommt es erst mit als ich vorbei bin. Jetzt geht’s Richtung Stadion. Ich laufe noch etwas schneller. Warum ging das vorher nicht? Auf der Aschenbahn steht das Wasser. Nass bin ich schon. Jetzt kommt noch der Dreck dazu. Als ich ins Ziel laufe habe ich noch Reserven. Nicht viel, aber für ein paar Meter hätte es noch gereicht. Bei 28:35 Minuten stoppe ich meine Uhr. Offiziell werden es 28:30 Minuten. Ich bin nicht enttäuscht. Im Gegenteil. Die letzten beiden Kilometer waren ordentlich mit durchschnittlich 5:22 Minuten. Die Zeit habe ich vorne verloren.

Ich schnappe mir ein warmes Getränk. Es kommen doch noch Läufer nach mir ins Ziel. Nicht viele, aber immerhin. Und was soll`s. Jeder dahinten läuft für sich selbst. Der Papa und das Mädel erreichen das Ziel knapp 2 Minuten später als ich. Aber sie hat sich noch mal aufgerafft und es bis ins Ziel geschafft. Gut so.

Jetzt zum Auto. Die nassen Sachen runter vom Körper und die klammfeuchten drüber gezogen. In der Pausenhalle gibt es Kaffee und Kuchen. Ich muss die Siegerehrung über 5 Kilometer abwarten, bevor ich meine Urkunde abholen will. Läufer aus meinem Stadtteil von der SG Suderwich haben abgesahnt und in drei Altersklassen und auch in der Mannschaftswertung gewonnen. Glückwunsch. Ich selbst bin 3. in meiner Altersklasse, man könnte auch sagen letzter, weil nur 3 davon am Start waren. Weit vorne ist heute auch ganz hinten. Außerdem bin ich 61. von insgesamt 70 Läufern. Die anderen 30, die sonst noch hinter mir gewesen wären, sind zuhause geblieben.

Auf dem Nachhause Weg habe ich noch ein merkwürdiges Erlebnis. Mir kommt ein Fußgänger entgegen, bekleidet mit kurzer Hose und sonst gar nichts. Latschen trägt er in der Hand. Ein Läufer ist das nicht. Dem Bauch nach zu urteilen jeher ein kräftiger Biertrinker. Das gibt`s doch nicht, denke ich. Aber doch ist es so.

In diesem Jahr gibt es noch den Silvesterlauf in Recklinghausen. Da laufe ich nochmals die 5 Km. Mit meiner Zielsetzung bin ich vorsichtiger geworden. Schneller als in Bertlich? Schneller als beim Silvesterlauf vor einem Jahr (28:08 Min.)? Dann vielleicht unter 28:00 Min.? Ja aber wenn, dann vielleicht doch auch schneller als bei meinem ersten Silvesterlauf 1988 und dann doch noch die 27:30 Min.? Das Jahr ist fast zu Ende. In dieser Woche gibt es kein Tempolauf mehr, das ist klar. Also nur noch drei Tempoeinheiten. Da kann man nicht mehr viel mit reißen. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt.

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