Dienstag, 12. April 2011

Aprilwetter wie es im Buche steht





30 Km sind geschafft. Geplant waren etwa 28 Km; während des Laufes habe ich mich dann entschieden die "30" vollzumachen. Damit ist eine Grundvoraussetzung für den noch nicht abgeschriebenen Marathon in diesem Halbjahr erfüllt. Was mich natürlich freut. Aber was war das für ein "Schlauch". Gestartet bin ich mit einem heftigen Regenschauer. Die Aussicht, die nächsten drei Stunden mit nassen Sachen herumzulaufen war für mich ehrlich gesagt keine großartige Vorstellung. Andererseits: Stell dir vor du läufst Marathon und es regnet. Dann gehst du ja auch nicht gleich nach Hause.

Die Arbeiter, die für den Regionalverband Ruhrgebiet (RVR)entlang der Zechenbahntrasse an meiner Laufstrecke umfangreiche Rodungen durchführen, hatten sich vor dem Regen in ihrem Bulli in Sicherheit gebracht. Ich hingegen stapfte durch die Pfützen, entschlossen nicht klein beizugeben. Der Schauer dauerte auch nur einige Minuten; ich hatte inzwischen offenes Feld erreicht. Der Wind pfiff mir nur so um die Ohren. Herrlich, der Wetterbericht von gestern Abend hatte also richtig stürmische Windböen vorhergesagt. Doch wie das so auf einem Rundkurs ist; der Wind erwischt einen von allen Seiten. Die mächtigen Wolkentürme rissen jetzt auseinander und zeigten größere Lücken. Die Sonnenstahlen sorgten, wenn nicht gerade der Wind Gänsehaut machte, für dicke Schweißperlen auf der Stirn. Alle Wetter!!!
Richtig warm war es getern Nachmittag gewesen, als das Thermometer auf 26 Grad in der Sonne kletterte. Heute waren es etwa 10 Grad. Die Sonne gab jeweils nur kurze Gastspiele, bevor sich wieder dunkle Wolken zusammenbauten. Ich fühlte mich gut nach einer Stunde. War allerdings zu schnell unterwegs. Lang und langsam, dass waren die Vorgaben für heute. Durch das Täglichlaufen hat sich aber ein eigener Rhythmus eingestellt, von dem ich kaum runter komme. Das fällt mir schon seit einigen Wochen auf, ohne dass ich das bisher gezielt steuern kann.

Zu den Rodungen an der ehemaligen Zechenbahntrasse. Da werden eine Menge Bäume gefällt, an meiner Strecke. Das sieht schlimmer aus wie nach dem berüchtigten Orkan Kyrill. Das kann mir nicht gefallen. Es macht mich traurig, wenn ich auch sehen muss, dass in dem entsprechenden Bereich sehr viele kaputte Bäume stehen, die dann an der Hanglage auf dem Weg zu stürzen drohen. Ob das aber in dem Ausmaße notwenig ist? Ich habe dem RVR dazu eine Mail geschickt. Wenn es die Sicherheit erfordert, warum dann erst jetzt? Die Situation hat sich hier in den letzten Jahren kaum verändert. Natürlich geht die Sicherheit von Spaziergängern und Radfahrern vor. Es handelt sich ja nicht einmal um einen richtigen Wald. Gerade deshalb zählt aber auch jeder einzelne Baum.

Zurück zu meinem Lauf. Auch nach 2 Stunden fühle ich mich noch ganz ordentlich, spüre aber schon die Anstrengungen. Ich habe den Laufrhythmus beibehalten und fange an zu rechnen, was den Kilometerumfang angeht. Ich würde bei 29 Km wieder zu Hause sein. 30 Km wären natürlich schöner, gelle? Und so überlege ich schon mal rein vorsorglich, wie ich die Strecke ein wenig verlängern kann.

Das Wetter hält mich weiter in Atem; trotz der dunklen Wolken ist es erstaunlicherweise zunächst weiterhin trocken. An der Strecke beobachte ich ganz dicht am Weg drei Fasane, ein Männchen und zwei Weibchen. Die lassen sich von mir nicht verscheuchen, was nach meiner Beobachtung sehr selten ist, nehmen sie doch sonst immer sehr schnell reiss aus.

Zwei kuriose Dinge erlebe ich noch. Auf einer Bank sitzt ein Mann, rechts und links neben sich jeweils eine Bierflasche. Er döst vor sich hin. Aus seinem Kofferradio dröhnt Musik. Als ich auf seiner Höhe bin höre ich Textfetzen: "Alles muss anders werden...!" "Wie wahr," denke ich, lasse es aber bei den Gedanken und hebe mir die Luft für`s Laufen auf.

Später kommt mir auf dem Feldweg ein Auto entgegen. Ich sehe es schon von weitem. Es fährt auffällig langsam. Als ich näher komme sehe ich, dass vor dem Auto ein mittelgroßer schwarzer Hund läuft. Sieht nach einem älteren Semester aus. Der Hund, das Auto und der Fahrer gehören offensichtlich zusammen. Als ich an das Auto vorbeilaufe, schaue ich durch das geöffnete Seitenfenster und sehe einen paffenden Kerl, der das Tier offenbar amüsiert im Auge hat. Ich bin einigermaßen entsetzt, kann die Situation aber natürlich nicht objektiv einschätzen. Ich mag jetzt auch nicht noch dort herrennen und nachfragen, ob sonst alles gut ist.

Jetzt öffnen sich auch wieder die Himmelsschleusen und lassen den Regen mit Macht auf mich runter prasseln. Noch eine knappe halbe Stunde rechne ich, dann bin ich wieder zu Hause. Auch diesesmal bleibt es bei einem kurzen Schauer. Die Sonne knallt anschließend vom Himmel, als wolle sie etwas gut machen. Der Wind scheint noch stärker geworden zu sein. Oder ist es jetzt meine Schwäche? Er bläst jetzt voll von vorne. Das erleichtert mir meine Entscheidung. An einem ganz bestimmten Punkt bremse ich ab. Ich bin jetzt auf einem kleinen Rundkurs, bei dem ich etliche Entfernungspunkte abgemessen habe. Es ist noch ein guter Kilometer bis zum Ziel. Doch ich wende und dann sind es anders herum noch gut 2 Kilometer. Der eine Kilometer der noch fehlt ist auch dabei. Und ich habe jetzt Rückenwind; natürlich nur bis ich nach einigen hundert Metern erneut die Richtung wechseln muss. Die drei Stunden-Marke hatte ich bei der Wende gerade erreicht. Ich kann jetzt wirklich nicht mehr sagen, dass ich mich noch gut fühle. Aber ich habe das Ziel vor den Augen. Ich habe tausend Zweifel der letzten Wochen aus dem Kopf gefegt. Jetzt komme ich nochmal an der oben schon angeführten Bank vorbei. Da sitzen jetzt zwei Gestalten. Ob ich nach gleich gelaufenen 30 Km genauso schlimm aussehe wie die beiden? Ich hoffe nicht. Zuhause angekommen fühle ich mich völlig platt und sehr zufrieden.

2 Kommentare:

Marcus hat gesagt…

Lieber Dietmar,

nichts geht über Läufe im starken Regen. Wobei ich es persönlich lieber mag, wenn es dauerhaft gießt, als nur eben mal fünf Minuten. Entweder durchgängig oder gar nicht. Allerdings kann man sich das kaum aussuchen.

Derartige Rodungen machen mich sprachlos; leider ist das hier auch an der Tagesordnung. Und das Argument „Sicherheit“ ist hier bei uns immer nur vorgeschoben. Die Interessen liegen woanders. Derlei kann und will ich nicht verstehen. Ja, das ist sehr traurig.

Ein wenig suspekt erachte ich Dein Erlebnis mit dem Hundehalter – auch das kenne ich aus eigener Erfahrung. Was soll man dazu sagen?

Immerhin war Dein Lauf von der Art, wovon Du noch lange zehren kannst, wie ich vermute. Wenn auch mit traurigen Beobachtungen, doch am Ende obsiegte die Zufriedenheit.

Ich wünsche Dir noch eine angenehme Woche mit wunderbaren Läufen,

liebe Grüße

Marcus

Running Wiesel hat gesagt…

Lieber Marcus,
auf meine Mailanfrage hat der RVR in der Tat von Gefahrenbäumen gesprochen. Diese Bäume (überwiegend Robinien) seien nicht mehr standsicher und müssetn zur Vermeidung von Personen- und Sachschäden entfernt werden. Es bestehe diesbzgl. eine akute Gefahr durch die besagten windwurf- und windbruchgefährdeten Bäume. In der Tat, ganz abwegig ist diese Argumentation nicht. Doch ich halte das Ausmaß der Rodungen für stark überzogen. Insbesondere finde ich es bedauerlich, dass das komplette Teilstück der Trasse, circa 650 Meter, gleichzeitig bearbeitet wurde. Damit wurde das Rückzugsgebiet für eine Anzahl von kleineren Tieren für geraume Zeit zunichte gemacht. Ich werde jetzt auch mal den zuständigen Förster befragen, der aber auch von dem Verband bezahlt wird. Es ist aber eh nichts mehr rückgängig zu machen.
Gleichwohl: ich wünsche Dir eine gute Woche.