Mittwoch, 18. Juni 2008

Nix zu machen

Mein 5 Km – Lauf beim Tengelmannlauf in Mühlheim .

Ziel: 27:39 Minuten zu unterbieten.

Warum? Weil das die Zeit ist, die ich bei meinem ersten offiziellen 5 Km Lauf erzielt habe.

Wann? Am 31.12.1988!

Meine 5 Km – Zeiten in meinem zweiten Läuferleben:

2006: 28:05

2007: 28:30 und 30:50

So stehe ich am Start. Direkt hinter mir die Walker und die Nordic-Walker. Ganz schön voll ist es am Start. Schulter an Schulter. Hoffentlich komme ich hier gut weg. Der Startschuss setzt auch den hinteren Teil des Feldes in Gang. Mit Verzögerung, versteht sich. Die Startlinie ist überschritten. Es ist eindeutig zu langsam, wenn ich meine Zielzeit nicht aus den Augen verlieren will. Und so suche ich Lücken im Feld. Mit kurzen Beschleunigungen und einem Zick-Zack-Kurs versuche ich Sekunden herauszuholen. Das kostet Kraft und ist auch nicht ohne Risiko. Aber es geht gut. Ich ecke nirgends an.

Das erste Km-Schild: 5:42 Minuten. Ich brauche einen Schnitt von etwas über 5:30 Minuten. Ich weiß wie schwer es ist 10 Sekunden gut zu machen. Und will damit gleich anfangen. Doch bald beginnt ein Anstieg und der Weg wird so schmal, dass nur wenige Läufer nebeneinander passen. Vor mir ist es wie eine Mauer. So als ob sie sagen wollte: „Du kommst da nicht rein“. Und wenn ich ehrlich bin braucht der Anstieg auch ordentlich Puste. Ob ich wirklich schneller wäre, wenn Platz da wäre?

11:32 Minuten nach dem zweiten Kilometer. „Nix zu machen“, denke ich. Und meine damit meine Zielzeit. Das wären ja schon fast 30 Sekunden, die ich aufholen müsste. Was tun? Weiterlaufen und sich nicht blamieren. Ich laufe ohne große Erwartungen weiter. Versuche aber auch nicht noch langsamer zu werden. Werde ich aber. 17:26 Minuten bei Kilometer 3.

Was mich jetzt noch antreibt? Wenigstens nur noch 2 Km. Das Ende ist nahe. Es geht jetzt abwärts. Lange Schritte und es ist natürlich leichter als beim Anstieg. Deutlich schneller und mal gucken wieweit ich damit komme. Schon das Kilometerschild 4. 22:26 Minuten. Huch, das wären ja glatte 5 Minuten für den letzten Kilometer. Das gleiche noch mal. Ich spüre einen Hauch von Übelkeit. Ist aber gleich wieder weg. Also weiter. Ein lächerlicher Kilometer. Ich puste und schnaufe, wahrscheinlich wie eine alte Dampflokomotive. Ich schaue auf die Uhr 25 Minuten sind gelaufen. Aber wieweit ist es noch. Weiß nicht. Aber nicht mehr lange? Jetzt noch einmal alles geben. Wenn ich nicht mehr kann, dann werde ich ebnen wieder langsam laufen. Der Lautsprecher im Zielbereich ist zu hören. Also weiter. Da sehe ich den Zielbogen. Blick auf die Uhr. Ich habe noch ein paar Sekunden bis zu meiner Zielzeit. Aber das ist wohl nicht machbar. Ich kann ja nicht fliegen. Trotzdem, wie von einer Tarantel gestochen laufe ich weiter, lasse mich auf ein Wettrennen mit einem Mitläufer ein. Kurz vor der Ziellinie muss er passen. Ja gibt’s denn das? Ich bin durch. 27:36 Minuten. Ja gibt’s denn das? Noch größer als die Freude ist der Sauerstoffmangel. Ich schaffe mehr stolpernd noch einige Meter bist zu einem Rasenstück und setze mich und lehne mich an einem Zaun an. Ich hänge sozusagen im Zaun. Wenig später steckt mir ein Helfer einen Becher mit Wasser zu. Eine Prise Luft wäre mir in dem Augenblick noch lieber gewesen. Aber bald geht es wieder.

Ich hole mir die Urkunde ab. Will wissen ob es offiziell ist, was ich da gestoppt habe. Ich lese 27:36 Minuten. Das passt wie angegossen.

Zuhause krame ich die alten Urkunden aus den 80er und 90er Jahren. Die älteste eben von 1988. 27:39 lese ich da. Und lege die neue Urkunde daneben. Das geht runter. Ja, ja. Bei den anderen Silvesterläufen war ich schneller. Aber nicht viel. Bestzeit war 25:46 Minuten. Ich denke kurz nach und in meinem Kopf fängt es an zu spinnen. Bis sich mein Ego meldet: „Nix zu machen.“

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