Montag, 19. Mai 2008

Mein 3. Marathon - Einfach nur ein geiler Lauf!

Die Fakten:

42,195 Km von Dortmund über Bochum, Herne, Gelsenkirchen nach Essen

Zeit: 4 Stunden 49 Minuten 41 Sekunden
Schnitt: 6:52 Minuten pro Kilometer

1. Hälfte: 2:24:38 Minuten

2. Hälfte: 2:25:03 Minuten (nur 25 Sekunden langsamer)

Die ersten 10 Km in 1:10:09 Stunden

Kilometer 30 – 40 in 1:09:28 Stunden

Dabei von 30 Km – 35 Km in 33:01 Minuten
35 – 40 Km in 36:27 Minuten

zum Vergleich die ersten 5 Km: 34:26 Minuten


Und so war es:

Freitag die Startunterlagen aus der Messehalle in Essen abgeholt. Mehr humpelnd als gehend. Klar, in 2 Tagen will ich ja auch Marathon laufen. Einen Kleiderbeutel gebe ich mit meinen Wechelsachen ab, die ich nach dem Lauf anziehen will. Damit steht fest, ich muss am Sonntag nach Essen um meine Sachen abzuholen. Auf welchem Weg ist aber völlig unklar.

Samstag, meine Wade zwickt bei leichten Belastungen immer noch. Ich würde keinen Euro darauf setzten, dass ich morgen einen Marathon laufen werde.

Sonntagmorgen um viertel nach sechs klingelt der Wecker. Ich bin schon seit einer Stunde wach. Meiner Wade geht es fast gut. Bei leichten Auflockerungsübungen spüre ich nur noch ganz wenig. Ist das noch eine restliche Verkrampfung oder ist es eine Muskelverletzung? Ich werde es riskieren. Zum Frühstück bekomme ich nur 2 kleine Brötchen mit Honig runter. Ich habe mich vor allem am Vortag mit Kohlehydraten zugeknallt. Abends habe ich mir noch eine riesige Nudelpfanne gemacht. Davon hätten auch 3 Leute satt werden können.

Auf nach Dortmund. Auf dem Bahnhof in Dorstfeld treffe ich die Leiterin unseres Gesundheitsamtes. Sie läuft den HM von Dortmund nach Herne. Am Start. Es sind ideale Wetterbedingungen. Kühl und trocken. Es geht los. Vor mir auch einige Walker und Nordic Walker. Warum ordnen die sich nicht richtig am Ende des Feldes ein? Hilft nichts. Man muss dran vorbei. Und es geht trotz des riesigen Läuferfeldes ganz gut.

6:51 Minuten für den 1. Kilometer. Ich wollte sehr verhalten beginnen. Das ist fast schon zu gut, aber ist noch akzeptabel. Der 2. Kilometer geht in 7:03 Minuten. Das wiederum ist mir wieder ein paar Sekunden zu langsam. Es ist gar nicht so leicht ganz gleichmäßig zu laufen. Insbesondere wenn so viele Läufer um einen herum sind. Die nehme ich allerdings nur wie im Film wahr. Ich bin ganz auf meinen eigenen Lauf fixiert. 5 Km in 34:26 Minuten. So habe ich mir das Idealerweise vorgestellt. Dann kommt die erste Getränkestation. Es ist kühl. Flüssigkeitsbedarf verspüre ich nicht.

Meine linke Wade meldet sich nicht. Ich horche auf den ersten Kilometern immer wieder rein. Spüre aber nichts. Echt Schwein gehabt. Irgendwo bei Kilometer 8 gibt es einen Anstieg. Nicht steil aber lang gezogen. Ich will mit wenig Kraftaufwand hoch. Und verliere Zeit dabei, so etwa 30 Sekunden. Bloß keine Panik und keinen „Zwischenspurt“. Der Weg ist noch so lang.

1:10:09 Stunden bei der 10 Km – Marke. Da habe ich vernünftigerweise verhalten angefangen. 7:01 Min./Km im Schnitt sind in Ordnung. Wenn ich aber jetzt das Ziel unter 5 Stunden zu bleiben nicht gefährden will, dann muss ich ein ganz klein wenig schneller werden. Zwar liegt der Schnitt für eine Zeit von 5 Stunden bei 7:05 Minuten. Bei den Anstiegen in Essen ab 35 Km werde ich aber an Zeit verlieren. Da brauche ich ein kleines Polster, ohne dass ich mich jetzt verausgabe. Ich versuche also immer etwas unter 7 Minuten pro Kilometer zu bleiben. Das geht in dieser Phase natürlich auch noch problemlos.

Die Stimmung an der Strecke ist grandios. Es gibt Passagen, da ist es ein richtiges Gänsehautgefühl. Bei 15 Km nehme ich das erste PowerGel zu mir. Ganz bewusst schon jetzt. Wenn der Akku leer ist, dann wäre es schon zu spät.

In Herne ist richtig was los, als es auf die letzten Kilometer für die Halbmarathon-Läufer geht. Einige von denen schwächeln aber schon ein wenig und ich kann „überholen“. Da muss man aufpassen, dass man nicht schneller wird und Kraft verbraucht, die am Ende fehlt. Dann trennen sich die Wege. Die Halbmarathon-Läufer biegen scharf nach rechts ab. Für die Marathonis geht es geradeaus weiter. Es wird ruhig. Nur noch wenig Läufer auf der Strecke in Richtung Essen. Und auch zuschauermäßig wir es erstmal etwas dünner. Das kenne ich schon aus dem vergangenen Jahr. Bei 20 Km schiebe ich mir das 2. PowerGel rein.

Der 1. Halbmarathon-Abschnitt ist für mich erreicht. 2:24:38 Stunden. Das ist ein Schnitt von 6:51 Min./Km. Für die letzten 11,1 Km nach den ersten 10 Km: 6:43 Min./Km. Das ich dermaßen zugelegt habe war mir in dem Augenblick nicht klar.

Auch in Gelsenkirchen ist die Stimmung gut. Deutlich besser als vor einem Jahr, als die Kicker von Gazprom am Vortag in Dortmund ihre Meisterschaft endgültig vergeigt hatten. Am Streckenrand wird jetzt eine Gruppe Blauweißer laut: „Schalke!“ – „04!“ Also nichts wie weg hier.

So langsam merke ich dass ich Marathon laufe. Ich spüre zwar noch keine Schwäche. Doch die Beine merke ich langsam schon. Jetzt geht der Lauf erst richt los. Es wird immer anstrengender. Jetzt ist es ein richtiger Marathon. Jetzt heißt es zu kämpfen und sich durchzubeißen. Wenn es gut läuft, so hatte ich es mir vorgestellt, dann wollte ich bis 35 Km ein ordentlich gleichmäßiges Tempo laufen. Mit der Aussicht, dass ich auch dann noch unter 5 Stunden bleibe, wenn ich auf den letzten 7,195 Km deutlich langsamer werde. Dazu müsste ich bei 35 Km eine Zeit von etwa 4 Stunden haben. Doch noch ist es nicht soweit. Erst kommt bei Km 29 der Come-Together-Point. Die Läufer, die in Oberhausen gestartet sind stoßen auf unsere Strecke (oder umgekehrt). Dann endlich die 30 Km: 3:24:07 Stunden. Das ist ein Schnitt von 6:48 Min. für den Km. Und für den Abschnitt von Halbmarathon bis 30 Km sind es 6:41 Min./Km.

Jetzt geht es an die Reserven. Zuerst zwickt es im rechten Oberschenkel; 2 Km später auch im linken. Danach in der rechten Wade. Nur die linke Wade mit dem nächtlichen Krampf vor 2 Tagen sagt keinen Mucks. Ich versuche immer noch kontrolliert locker zu laufen und dabei das Tempo zu halten. Jetzt nur keinen falschen Schritt, bei dem sich die angespannte Muskulatur verkrampft oder gar zerrt. Die Anstrengung spüre ich jetzt auch im Gesicht. Auch die Zuschauer in Essen feuern die Läufer ganz hervorragend an. Doch fällt es mir zunehmend schwerer mich darauf einzulassen. Anderen Läufern geht es wesentlich schlechter. Ich bin jetzt ein bisschen auf der Überholspur.

35 Km in 3:57:08 Stunden. Die Marke ist geschafft. Deutlich schneller als die maximal erhofften 4 Stunden. Für diese letzten 5 Km brauche ich 34:27 Minuten. Das ist bis auf eine Sekunde die Zeit der ersten 5 Km. Damit habe ich mein „Soll“ erfüllt. Ich schaffe die 5 Stunden. Aber die letzten 7,195 Km werden hart. Jetzt kommt das härteste Stück. 35 Km in den Beinen und die bei den Läufern gefürchteten Anstiege in Essen.

Erstmal kommt aber die Verpflegungsstation nach 35 Km. Mein letztes Powergel ist fällig. Ich suche in meinem Gürtel. Werde beim ersten und zweiten Versuch in irgendwelchen Taschen nicht fündig. Habe keine Lust weiter zu suchen. Ich bin jetzt auch mental nicht mehr frisch. Ich ergreife aber ein Stück Banane und kippe einen Becher Wasser hinterher. Wenn ich irgendwo Zeit verschenkt habe, dann war es diese Stelle. 10 Sekunden mögen es gewesen sein. Aber das ist auch im nach hinein zu verschmerzen.

Und dann kommen die Anstiege. Dafür dass ich so kaputt bin geht es eigentlich noch. Ich komme ganz gut rauf. Aber auch ich habe jetzt einige Geheinlagen. Aber ich versuche diese möglichst kurz zu halten. Die Zeit bei 40 Km zeigt, dass mir das erstaunlich gut gelingt. 36:43 Min. von 35 – 40 Km; das ist ein Schnitt von 7:21 Min./Km.

Noch 2,195 Km. Jetzt gibt es eine Situation, die mich völlig unvorbereitet trifft. Kurz vor mir biegen schnellere Läufer auf die Strecke. Es sind Schüler, wie ich bald registriere. Die Laufen irgendeine kurze Distanz und haben im Vergleich zu uns Marathonläufern, die mehr oder weniger fertig sind, ein „mordsmäßiges“ Tempo drauf. Und es sind viele sehr viele. Sie fallen fast wie eine Heuschreckenplage über uns her. Das ist nicht lustig und wegen diverser Überholmanöver auch nicht ganz problemfrei. Sie laufen mit uns Marathonläufer über die gleiche Ziellinie. Das verhagelt doch etwas den eigenen Zieleinlauf.

Trotzdem! Die letzten gut 2 Km versuche ich so gut wie es die Umstände und der eigenen Zustand erlauben zu genießen. Ich kriege noch ansatzweise einen ordentlichen Endlauf hin und versuche mir die Anstrengungen und letztendlich die Qualen nicht anmerken zu lassen. Die letzten 30 m reiße ich die Arme hoch, laufe jubelnd durchs Ziel. Bin Happy ohne Ende als ich meine Zeit ablese.

Nach dem Zieleinlauf ein riesiges Gedränge verursacht durch die vielen Schüler. Es ist eine Atmosphäre wie in einem überdimensionierten Schulbus. Was hat sich der Veranstalter nur dabei gedacht das zeitlich so zu platzieren? Die Schüler hängen sich sogar die Plastikumhänge um, die eigentlich doch für die Marathonläufer vorgesehen sind, die sich über Stunden abgerackert haben. Auch um ein Getränk muss man richtig kämpfen. Liebe Veranstalter des Karstadt-Marathons, schade, dass eine an sich großartige Veranstaltung zum Schluss doch noch etwas eingetrübt wird.

Schließlich bekomme ich aber meine Medaille und dann endlich gibt es einen abgegrenzten Bereich für die Marathonläufer. Ich hole mir mein Finisher-Shirt ab. Und dann ist meine kurze Verärgerung auch ganz schnell wieder verschwunden.

Es war ein echter Grenzlauf. Ich habe alles aus mir raus geholt. Bin gleichmäßig gelaufen und hatte auch zum Schluss keinen Einbruch. Ich bin 30 Minuten schneller gewesen als vor einem Jahr!!! Ich muss also gut trainiert haben und es kann nicht alles falsch gewesen sein.

Am Tag danach spüre ich in den Beinen einen ordentlichen Muskelkater und bin für jeden Fahrstuhl dankbar. Aber das wird sich ganz schnell geben. Was bleibt ist ein Eindruck von einer tollen Veranstaltung und einem geilen Lauf.

1 Kommentar:

der Fischlaker Läufer hat gesagt…

Glückwunsch ! Super Leistung und super geschrieben.