Sonntag, 28. April 2013

Meister Reineke Fuchs gibt sich die Ehre

Sonntag Morgen. Es fängt an hell zu werden. Aufstehen oder liegen bleiben? Warum aufstehen? Na, um an die frische Luft zu kommen und laufen zu gehen. So leicht ist das nicht. Ich komme nur langsam auf Betriebstemperatur. Und so ist es schon sechs Uhr, als ich endlich das Haus verlasse. "Frische Luft" ist wohl etwas untertrieben. Es ist knackig kalt. 0 °C zeigt das Thermometer und ich habe nochmals meine langen Laufklamotten ausgegraben, samt Kappe und Handschuhe. Der Mond hat sich am dunkelblauen Morgenhimmel breit gemacht. Es ist keine Wolke am Himmel. 

Als erstes erblicke ich auf dem Weg eine Katze, die sich ins Gebüsch schleicht, als hätte sie was zu verbergen. Dann erspähe ich eine stattliche Krähe, die ihren schalen Schrei in den Morgenhimmel ertönen lässt. Und jetzt fange ich auch an richtig zu hören. Von wegen ruhiger Morgen. Die Luft ist voller Vogelgezwitscher. Es ist wie ein Sängerwettstreit ohne Regeln. Und der Specht klopft wie behämmert auf das Holz, als gäbe es kein Morgen. Und so begrüßt laufe ich mit geschärften Sinnen durch den eisigen  Morgen. Kaninchen hoppeln über meinem Weg. Ich suche noch nach meinem Weg. Das betrifft sowohl den einzuschlagenden  Weg als auch die zu laufende Distanz. Habe ich doch diesbezüglich kaum Vorgaben und keine ernsthaften Ziele, die ich verfolge. 

Inzwischen bin ich aber im "Becklemer Busch" angekommen, einem nahen und sehr kleinen Naturschutzgebiet. Erstmal eine kleine Runde um das Wäldchen herum. Von der Kälte habe ich Tränen in den Augen; es ist nicht dramatisch, aber es behindert etwas meine Sicht. Auf einer Wiese steht Bodennebel, ja und etwas Raureif ist auch zu erkennen. Vor mir bewegt sich etwas. Und verschwommen entdecke ich eine Reh, das gerade meinen Weg passiert, knapp hundert Meter vor mir. In diesem Waldstück habe ich schon häufiger Rehe beobachtet. Vor zwei Tagen erst habe ich Abends in der Dämmerung gleich fünf auf einen Schlag entdeckt. Ganz nahe war ich da dran. 

Meine kleine Runde habe ich jetzt beendet und ich beschließe eine weitere und jetzt größere Runde folgen zu lassen. Es geht durch die Felder. Aus beträchtlicher Entfernungerkenne ich einen Feldhasen, der sich über ein Feld bewegt. Ich komme ein weiteres Mal durch denWald. Erneut entdecke ich ein Reh. Es ist ein sehr kleines, nur 30 Schritte von mir entfernt. Es bleibt am Waldrand stehen, beobachtet mich und macht keine Anstalten weiter zu laufen. Richtig niedlich ist das.

Wieder habe ich das Feldstück erreicht. Vor mir aufgeregt ein Fasan, vielleicht 15 Schritte von mir entfernt. Er macht einen heiden Lärm und - was ich relativ selten sehe - er erhebt sich sucht fliegend die Flucht. Und in allernächster Sekunde bin ich baff und erstarre. Ganz dicht vor mir ein stattlich Rotfuchs mit dickem rötlichem Fell und einem stattlichen Schwanz. Ich bin entzückt. Noch nie in all`den Jahren meines Läuferdaseins hatte ich das Glück einen Fuchs zu Gesicht zu bekommen. Und jetzt so was. Es dauert nur eine Schrecksekunde  und der Fuchs schlägt sich mit drei imposanten Sprüngen ins nahe Feld, welches schon hoch genug ist um ausreichend Schutz zu bieten. Noch einmal kurz sehe ich ihn bei seiner Flucht. Fast wie angewurzelt möchte ich stehen bleiben und warten. Weil das aber keinen Sinn machen würde setze ich meinen Lauf fort. 

Es geht weiter durch die Felder. Vor mir auf einem Baum ein großer, stattlicher Vogel. Er lässt mich relativ nahe ran kommen. Ein paar Schritte noch. Jetzt hebt er ab. Ein paar kräftige Flügelschläge, dann gleitet er über den Wald davon. Ein Bussard. Auch dieses Mal muss ich stehen bleiben und schaue staunend hinterher.

Ein letztes Mal geht es durch das kleine Wäldchen und passend zum heutigen Tag nicht ohne ein weiteres Reh  zu entdecken. Dieses mal ist es ein größeres Tier. 

Ich bin auf dem Heimweg. Die Sonne schickt mir erste wärmende Strahlen zu. Am Himmel sind aber auch Wolken aufgezogen. Ich bin jetzt wie am Ende eines Films, den man eigentlich nicht verlassen möchte. Noch lange denke ich über die erlebten Eindrücke nach und kann all`die kleinen Wunder gar nicht wirklich begreifen. 


2 Kommentare:

Marcus hat gesagt…

Bei der großartigen Tierwelt, die Du heute erleben durftest, hat sich das zeitige Aufstehen wohl mehr als gelohnt. Manchmal ist das wirklich verwunderlich, über Jahre erspäht man nichts und dann plötzlich bekommt man ein Schauspiel ohnegleichen dargeboten. Ich hoffe, Du hast es genossen.

Deine eisigen Temperaturwerte überraschen mich jedoch ein wenig – von Frosttemperaturen ist hier seit längerer Zeit nichts mehr zu sehen respektive zu fühlen.

Ich drücke Dir die Daumen, daß sich Deine Bussard, Rotfuchs usw. Beobachtungen fortsetzen lassen. In diesem Sinn, genieße das Laufen.

Liebe Grüße,

Marcus

Running Wiesel hat gesagt…

Danke lieber Marcus, ich habe es selbstverständlich genossen. Ob mir eine solch`ungewohnte Vielfalt an Beobachtungen sobald wieder vergönnt sein wird, scheint mir höchst fraglich zu sein. Es war für mein Laufgebiet äußerst ungewöhnlich. Doch erlebt ist erlebt.

Heute Morgen war es hier tatsächlich sehr kalt. Der klare Himmel hat sicher dazu beigetragen. Während meines Laufes ist die Temperatur dann auf immerhin 5 °C angestiegen.

Alles Gute
Dietmar