Sonntag, 19. Juni 2011

Lauf um dein Leben


Dr. med. Eckhard von Hirschhausen widmet sich in seinem Buch „Glück kommt selten allein“ in einem Abschnitt auch dem Laufen. Hier ein kleiner Ausschnitt, wobei man sich das Augenzwinkern des Autors hinzu denken möge:

„Ich laufe gerne. Von Zeit zu Zeit, aber ohne Stoppuhr. Am liebsten in Berlin um den Schlachtensee. Denn dort gibt es keine Abkürzung. Und deshalb laufe ich automatisch die Runde auch zu Ende. Da wurden schon ganze Schweinehunde geschlachtet. In Runden. Und eben nicht in Scheiben.
„Runner`s High, der Laufrausch ist ein Mythos, der viel bewegt hat. Ein ungeahntes Glücksgefühl nach 30 Kilometern wird einem versprochen. Das Fiese daran: Man muss die 30 Kilometer auch am Stück laufen. Ich habe es mit Salamitaktik probiert – von Glücksrausch keine Spur. Stattdessen spüre ich jeden Knochen. ..
Eine Geburt und ein Marathonlauf sind starke Glücksmomente. Hinterher. Währenddessen würde man das als Außenstehender nicht vermuten, schon allein vom Gesichtsausdruck her. Dabei geht es einem während des Laufens im Kopf eigentlich gut. Laufen und sich gleichzeitig Sorgen machen, das geht schlecht. Auch Telefonieren ist unvorteilhaft, höchstens mit Nummern, unter denen zurückgestöhnt wird. Aber dann doch lieber eigene Runden drehen als in Warteschleifen hängen. Wer laufend an etwas denken muss, geht am besten laufen. Dann hört es auf. So wenig, wie man beim Sex den Sinn des Lebens in Frage stellt, ist auch Sport körperlich anregend und seelisch abregend zugleich., keine To-do-Liste außer: weiterlaufen! Ein Läuferspruch: Es ist egal wie oft du aufgibst, solange deine Beine weiterlaufen. Und irgendwann sind die Beine auf Autopilot eingestellt und melden ans Großhirn: „Der läuft“ - worauf sich dieses mit Freude in einem mentalen Kurzurlaub verabschiedet und runterfährt.“

Soweit Eckhart von Hirschhausen. Und in der Tat, laufen ist gesund und macht zufriedener. Jedenfalls meistens. Wenn man es nicht übertreibt und sich nicht zuviel Gedanken um das drum herum macht. Was ließe sich über das Laufen nicht alles sagen. Es gibt ja so unendlich viele Möglichkeiten. Man kann gesundheitsorientiert laufen, dreimal die Woche etwa zu je 30 Minuten. Bestimmt nicht verkehrt. Als ambitionierter Freizeitläufer läuft man etwas mehr, je nachdem wie ambitioniert man ist. Man orientiert sich an Trainingspläne und versucht beispielsweise 10 Km möglichst schnell zu laufen und wenn man Spaß hat, dann läuft man sogar einen Halbmarathon. Und wem der Marathon nicht reicht, der läuft 100 Km oder sogar 24 Stunden. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Man kann auch jeden Tag laufen. Viel oder wenig, lang oder kurz, über Wochen, Monate und einige wenige sogar über Jahre. Jeder soll es so machen wie er es möchte. Die Wege zur Zufriedenheit und Erfüllung sind unterschiedlich. Jeder muss seinen eigenen Weg finden. Der Weg kann sogar mal Richtungsänderungen beinhalten. Das ist bei den Meisten sogar wahrscheinlich. Man sollte sich nur nicht zu viele Gedanken machen und die Kirche im Dorf lassen. Auch wenn einem das Laufen wichtig ist, es ist doch nur ein kleiner Teil unseres Lebens. Wenn man viel läuft, dann sind es aber kaum mehr als 5 % seiner Zeit. Die meisten laufen noch weniger, so wie auch ich. In der ablaufenden Woche habe ich mir zu viele Gedanken gemacht und dabei restlos den Spaß verloren. Wie lange noch? Wie viele Tage? Wann der nächste Marathon? Wie viele Kilometer in welchem Zeitraum? Am Ende war der Kopf so schwer, dass die Beine kaum noch laufen wollten. Wenn man täglich läuft, dann sollte man keine Vorgaben machen; dann wird es schwierig. Ist jedenfalls meine Erfahrung.

Ich möchte wieder Marathon laufen. Der nächste Marathon kommt bestimmt. Aber er kommt nicht von allein. Gestern habe ich die erste Trainingseinheit dazu absolviert. Nach Herbert Steffny, habe ich zweimal erfolgreich ausprobiert. Man muss sich an diesen Plan aber auch einigermaßen halten. Ob das mit dem Täglichlaufen im Einklang zu bringen ist? Ich weiß es nicht. Aber ohne strukturierte Vorbereitung kein vernünftiger Marathon. Jedenfalls gilt das für mich. Ich habe nicht soviel Laufpotential, als dass ich einen Marathon aus dem nichts laufen kann. Glückwunsch an alle die das mit einigen langen Läufen zwischendurch hinbekommen und meinen ehrlichen Respekt dafür.

So ist dann die Frage, wie mein Weg weiter geht. Die Frage der Entscheidung. Hirschhausen rät in seinem oben zitierten Buch spaßeshalber es mit „Sching-Schang-Schong“ zu versuchen. Zufallsentscheidungen seien nicht schlecht. Man könne rechte gegen linke Hand spielen (aber nicht schummeln). Zufallsentscheidungen seien besser als gar keine. Sich nicht entscheiden können mache zuverlässig unglücklich: „So oder so sitzt man zwischen zwei Stühlen auf Dauer unbequem, es sei denn, man legt ein Brett darüber. Es gibt immer einen dritten Weg, der aber nicht der Mittelweg sein muss.“ Meine Befürchtung: der dritte Weg könnte der Holzweg sein.

Täglichlaufen schärft die Wahrnehmungen. Für das, was draußen vor sich geht aber auch für Abläufe in uns selbst. Gedankenabläufe, wie sie bei einem strukturiert sind, Emotionen und Charaktereigenschaften. Manche Verhaltensweisen werden einem im Nachhinein deutlicher. Ob diese Erkenntnisse immer ein reines Vergnügen sind, steht auf einem anderen Stern. Auch ich leide unter der Volkskrankheit „Zuvielitis“. Auch dazu schreibt Hirschhausen ein paar interessante Dinge. Aber das würde mir jetzt zu weit gehen.

Die vergangene Woche war knüppel hart, das Laufen einbezogen, weshalb auch nur wenige Kilometer zusammen gekommen sind. Doch am Ende bin ich eben um diese Kilometer ein Stück weiter gekommen; das muss dann halt mal reichen.

So. 19.06.2011 2,5 Km

Sa. 18.06.2011 10,1 Km (Marathontraining)

Fr. 17.06.2011 6,9 Km

Do.16.06.2011 2,5 Km

Mi. 15.06.2011 2,5 Km

Di. 14.06.2011 3,7 Km

Mo. 13.06.2011 4,5 Km

Täglichlaufen seit dem 16. März = 96 Tage
Jahreskilometer: 1403 Km

Den nächsten Bericht gibt es erst am Monatsende. Dann ist das erste Halbjahr um. Es macht nicht unbedingt Sinn von Woche zu Woche die Wasserstände abzulesen.

Zur Überschrift: ist auch von Hirschhausen geklaut und meint, dass man es nicht so ernst nehmen soll.

2 Kommentare:

Marcus hat gesagt…

Hin und wieder beschäftige ich mich auch mit "gewichtigen" Fragen. Aber was die Zukunft betrifft, werde ich die Antworten erst dann erhalten, wenn die Zukunft in die Gegenwart eingetreten ist. Dennoch, bei aller Sinnlosigkeit erachte ich das Nachdenken als sehr wichtig – wenn es nicht zu viel Raum einnimmt.

Ansonsten muß jeder seinen eigenen Weg gehen. Wer damit Zufriedenheit generiert, so kann man sich glücklich schätzen. Ich weiß zwar nicht, wer Herbert Steffny ist, aber ich bezweifele, daß er Pläne für andere erstellen kann. Für mich könnte nie eine andere Person einen Plan erstellen. Niemand kennt mich besser als mich selbst. Aber von Plänen halte ich generell nichts.

Täglichlaufen und Marathon läßt sich wahrscheinlich vereinbaren; ich kenne einige Läufer, die das erfolgreich ausüben. Allerdings haben die nicht x Jahre Täglichlaufen auf dem Konto. Wie dem auch sei, lieber Dietmar, Du mußt Deinen eigenen Weg finden und gehen. Und manchmal zeigt sich erst später, ob es der richtige war oder ist. Den meinen habe ich gefunden, ohne ihn je zu suchen.

Denke nicht zu viel über alles nach – das ist – nach meiner Betrachtung – wichtig. Laufe. Und genieße.

Alles Gute auf Deinem Weg,

liebe Grüße

Marcus

Running Wiesel hat gesagt…

Danke lieber Marcus für Deine ausführliche Antwort. In der Tat, ich suche gerade nach meinem ganz eigenen Weg. Da nehme ich aber gerne Ratschläge und Hinweise an. Dass Du Deinen ganz eigenen Weg gegangen bist und weiter gehst ist wohl völlig unstrittig. Dafür gibt es wohl kaum einen verwertbaren Plan von wen auch immer. Du hast ja auch oft genug zum Ausdruck gebracht, dass Dir diese Art von Volksläufen nichts bringen. Das ist bei mir anders. Zuletzt bin ich über das Ziel Marathon zum Laufen gekommen. Und ich liebe diese Distanz und verfluche sie gleichzeitig. Die Pläne von Herbert Steffny, Europameister im Marathon in den 80igern und Gewinner einiger großer Läufe sind sicher von der Stange. Aber es steckt eine Menge Expertenwissen darin. Wenn man seine eigenen Erfahrungen in solche Pläne integriert, hat man eine ganz gute Grundlage für`s Training. Aber letztlich läuft man dann doch für sich ganz alleine. Und ab sofort werde ich wieder mehr laufen und weniger nachdenken.

Danke nochmals und Dir auch alles Gute!
Dietmar