Täglichlaufen, immerhin seit dem 10. Oktober 2014 - auch in
dem längst vergangenen Monat April, der ein besonderer Monat war, wie ja jeder
Monat ein besonderer Monat ist. Jeden Tag gelaufen, mal wenig, mal ganz viel.
Am letzten Tag dann noch einen drauf gesetzt.
Nach 2009 wollte ich zum zweiten Mal den Hermannslauf bestreiten. Vom
Hermannsdenkmal in Detmold zur
Sparrenburg nach Bielefeld. 31,1 Km über Stock und Stein, Sand, Beton, Geröll
und Kopfsteinpflaster und als die Füße schon weinen wollen, gibt es auf den
letzten beiden Kilometern noch ganz normalen Asphalt. 550 m aufwärts und 700 m
abwärts. Eine echte Herausforderung.
Der "Hermann" ist Läuferkult. Wenn Anfang Januar
um Mitternacht die Anmeldung für den Lauf frei gegeben ist, dann sind die 7.000
Startplätze am Morgen schon längst vergriffen. So war es auch bei der 46.
Auflage dieser Veranstaltung. Was hat mich nur geritten mich da
anzumelden? Jugendlicher Leichtsinn
dürfte es jedenfalls nicht gewesen sein.Aus meiner ersten Teilnahme 2009 habe
ich noch in Erinnerung, wie ich nach gut 7 Kilometern den ersten ernsthaften
Anstieg erklommen hatte. Es war so warm, bis zu 28 Grad. Es war staubig, ich
war schon nach dem ersten Drittel der Strecke leer. Und nur mit großer
Willensanstrengung habe ich das Ziel erreicht. Und 2009 war ich nach meinem
heutigen Gefühl fit, geradezu gut drauf. Vom 57. bis zum 65. Lebensjahr liegen
Welten. Nach meiner Anmeldung in diesem Jahr vor einigen Monaten wusste ich
sehr genau, was auf mich zukommt. Es war Ansporn und Drohung zugleich. Ich
wusste wo ich hin wollte, ich wusste aber nicht wie. Während bis Mitte Februar
noch alles gut lief und ich eigentlich ganz zuversichtlich war, kam der große
Einschnitt, wie das Leben eben so spielt. Es schien nicht mehr vorwärts zu gehen;
scheinbar gab es nur noch den Rückwärtsgang. Ich wollte, aber ich konnte nicht.
Die Läufe sollten länger werden; stattdessen wurden sie kürzer. Aber immerhin,
ich lief ja noch täglich. Am 4. April zog ich die Reißleine. Ich bot meinen
Startplatz in einer vom Veranstalter ermöglichten Startplatzbörse an. Ich
staunte aber, wie viele von ihrer Startmöglichkeit plötzlich wieder
zurücktreten wollten. Ich sah nach wenigen Tagen ein, dass ich auf meinen schon
bezahlten Startplatz sitzen bleiben würde. Das ist das Risiko. Denn wer weiß schon im Voraus, ob er zu einem bestimmten
Zeitpunkt 31 Kilometer wird laufen können. Also abgehakt. Einfach weiter laufen
und sehen was passiert. Kaum war der Druck weg
kehrte der Mut und die Lockerheit
wieder zurück.
Am 10. April waren es noch 16 Kilometer - am 14. April
(Karfreitag) schon 24 und drei Tage später am Ostermontag erstaunliche 31,5
Kilometer. Soweit so gut. Denn es fehlten die Höhenmeter und der wechselnde schwere
Untergrund wie beim Hermannslauf. Noch ein letztes Mal eine Woche vor dem
"Hermann" 22,5 Kilometer gelaufen. Die langen Läufe hatte ich danach
in den Beinen. Es zwickte und zwackte an vielen Stellen. Eine Woche Zeit um noch etwas zu regenerieren und
die täglichen Läufe entsprechend kurz gestaltet. Die Startplatzbörse war längst
geschlossen und ich wollte jetzt auch unbedingt laufen und mich der selbst
gesetzten Herausforderung stellen.
Am letzten Tag des
Monats April stehe ich um 10 Uhr am Hermannsdenkmal und es ist kalt. Die Sonne
strahlt vom makellos blauen Himmel. Aber es ist dennoch sehr frisch. Und es
sind beachtliche Böen angesagt. Bis zu 50 Km/h entgegengesetzt zur
Laufrichtung, also von vorne.
Und doch freue mich, dass ich hier stehe. Ich strahle
förmlich noch innen und nach außen. Ich will es einfach wissen.
Die Läufer werden etwas zeitversetzt in drei
Startgruppen auf dem Weg geschickt. Ich überquere als einer der letzten die
Startlinie. Ich habe nur ein Ziel, nämlich nach 31,1 Km das Ziel an der
Sparrenburg in Bielefeld zu erreichen. Nichts sonst treibt mich an, keine Zeit
und schon gar keine Platzierung. Um 16.30 Uhr soll der letzte Läufer die
Ziellinie überquert haben und jetzt ist es gerade mal 11.20 Uhr. Das schaffe
ich, wenn ich es ganz ruhig angehen lasse. Nach einem kurzen unbedeutnden
Anstieg geht es für die nächsten knapp fünf Kilometer bergabwärts. Den Hermann bekomme ich nur einmal kurz zu sehen.
Er streckt sich - mir den Rücken zugekehrt - in den blauen Himmel. Es geht
abwärts und zwar richtig, einmal sind es sogar bis zu 20 % Gefälle. Der Weg ist
hier gut zu belaufen. Runter laufen macht Spaß. Man darf es aber nicht unterschätzen. Auch
dieses Laufen bedeutet eine Belastung; im Laufe eines langen Weges wird man das
später spüren. Je schneller man läuft, um so größer ist die Belastung. Es wäre
falsch zu einem so frühen Zeitpunkt zu versuchen einige Sekunden zu gewinnen.
Es heißt, dass man diese Sekunden am Ende mit Minuten drauf zahlt. Und wofür soll ich mich abhetzen. Ich laufe doch zu
meinem Vergnügen. Statt Sekunden zu schinden genieße ich lieber den Teuteburger
Wald an diesem wunderschönen Frühlingstag. Die Kühle des Morgens liegt bald
hinter mir und die kurzen Laufsachen waren absolut die richtige Kleiderwahl.
Der komfortable Wegabschnitt ist zu Ende. Der Waldweg hat einen
überwiegend sandigen Untergrund und neben dem Hauptweg verläuft ein
schmaler Pfad mit etwas festerem Boden. Das ist mein Weg und hier schlängen
sich die Läufer wie an einer Kette aufgereiht. Nach fünf Kilometer beginnt deutlich der erste Anstieg. Zunächst
noch behutsam, doch dann nimmt die Steigung zu. Man kann hier heraufhetzen und
seine Energie verpulvern. Nicht mit mir,
ich kennen den Hermann, der verzeiht einem das nicht. In dem Schlussfeld, in
dem ich mich zweifellos befinde sind entweder die Genussläufer die es nicht
anders wollen. Oder es sind diejenigen, die nicht anders können. Ich habe beide
Bestandteile in mir vereint. Nur das
machen was geht. So geht es langsam aber sicher den Berg hinauf. Nach 5,5 Km
kommt ein Verpflegungsstand. Hier gibt
es Wasser und ich greife gerne zu. Das kalte Getränk tut gut und die kurzen
Sekunden zum ersten Durchschnaufen ebenfalls. Der "große Ehberg" ist sieben
Kilometern überschritten, der erste beachtliche Anstieg damit geschafft.
Es geht wieder abwärts. Gut so. Für
bestimmte Streckenpunkte gibt maximale Durchgangszeiten. Die muss man zu einem
bestimmten Zeitpunkt erreicht haben. Der erste relevant Punkt liegt bei 8,3 Km.
Ich habe keinerlei Schwierigkeiten die vorgegebene Zeit einzuhalten. Das wäre
zu diesem frühen Stadium des Laufes auch
verwunderlich und bedenklich. Dieser erste Punkt hat die Bezeichnung
"Augustdorf Panzerstrtaße". Und genau darum handelt es sich auch. Es
ist eine (ehemalige?) betonierte Panzerstraße auf einem Truppenübungsgeländer.
Vor 8 Jahren hat es hier gestaubt und es war drückend heiß. Heute ist es
moderat mild und es staubt auch nur ein kleines bisschen. Wo ist der angekündigte Wind? Ich vermisse ihn überhaupt nicht. Vielleicht
schützt auch der Wald? Auf der Panzerstraße gibt es zum zweiten Mal etwas zu
trinken, wofür ich dankbar bin. Übrigens ist das ein Bereich, wo sich zahlreich
Zuschauer zusammenfinden um die Läufer "anzufeuern". Anfeuerungen auf
der Panzerstraße, wie schön ist das
denn? Die Panzerstraße ist dann bald zu Ende. Doch es geht weiter durch das
Truppenübungsgelände. Der Wald ist für solche Zwecke eigentlich zu schade. Nach 12 Kilometer ist dieser Bereich geschafft und ein weiterer
nicht so schwieriger Anstieg ist auch überwunden. Irgendwo danach kommt dann
ein weiterer Kontrollpunkt. Doch eigentlich interessiert mich das nicht, so
langsam bin ich (noch) nicht. Ich fühle mich gut, auch wenn die bisherigen
Kilometer nicht ohne Wirkung geblieben
sind. Doch das war noch gar nichts. Jetzt kommt ein sehr steiler Anstieg und
die ganze Kompanie steht zwar nicht still, sie schleicht sich aber
schneckengleich Zentimeter für Zentimeter nach oben. Ich bin ein besonders
langsames Exemplar und ich bin es hier ganz bewusst. Mich motiviert an dieser
Stelle nur der bevorstehende Abstieg.
Doch es dauert noch eine Ewigkeit. Erst bei Kilometer 16 ist
dieses Ungetüm geschafft. Der Tönsberg. Oben und jetzt geht es schneller runter
als es rauf gegangen ist. Fast unten angekommen gibt es eine
Verpflegungsstation: Wasser, Tee, Elektrolyte, Bananen und Apfelstücke.
Energie!Es geht weiter in das schöne Örtchen Oerlinghausen. Hier steppt
erfahrungsgemäß der Bär. Die Bewohner feuern unentwegt und laut die Läufer an
und feiern vor allem sich selbst. Wo ist der haken? Der Haken befindet sich
ganz unten: gröbstes Kopfsteinpflaster. Gift für maltretierte Läuferbeine. Nur
am Rand gibt es eine schmale Regenrinne mit einem angenehmeren Profil. Da läuft jeder
drüber.Nach Kilometer 19 kehrt Ruhe ein;
dafür beginnt der nächste Anstieg. Hier gibt es auf einigen hundert Metern
offenes Gelände. Hier spüre ich auch den starken Wind, der an dieser Stelle zum
Glück schräg von hinten kommt. Doch bald schützt uns Läufer wieder der
Wald.Dafür gibt es ein neues Hindernis: ein Anstieg ist mit Holztreppen versehen. Das kenne ich schon von 2009. Vor
Beginn der Treppen steht eine Hinweisschild
das eine Umgehungsstrecke ausweist, Pfeil nach links mit dem Zusatz
"für Weicheier". 2009 hatte ich tatsächlich diese Umgehung genutzt.
Doch dieses mal setze ich meinen Vorsatz um und nehme die Stufen. Diese sind
unterschiedlich hoch und unterschiedlich lang. Das macht Sinn, denn sonst
könnte man ja einen Rhythmus finden. Bei meinen schweren Beinen nach 22
Kilometern ist die Gefahr einen Laufrhythmus zu finden ohnehin nicht mehr sehr
groß. Und so "wuchte" ich mich nach oben. Die letzte Stufe ist eher
erreicht als ich zu hoffen gewagt habe. Das war doch weniger als befürchtet,
frohlocke ich innerlich und bin erstaunt. Doch ich habe mich zu früh gefreut,
denn bald schon kommt ein weiterer Treppenabschnitt und später dann noch
einer... Ich fluche lauthals vor mir her, was dann vor und hinter mir für etwas
Heiterkeit sorgt. Immerhin. Es brennt jetzt in den Oberschenkeln, doch
irgendwann hat auch diese Tortur ein Ende. Und ganz oben bei Kilometer 25 gibt es einen
Sendemast, der in der Wegbeschreibung als "Eiserner Anton"
ausgewiesen ist und vor allem gibt es
nochmal Banane und etwas zu trinken.Nach dem "Eisernen Anton" geht es
einen guten Kilometer bergab und es folgt der letzte nennenswerte Anstieg,
nicht mehr sehr lang und auch nicht mehr hoch. Aber zu dem Zeitpunkt ist nichts
mehr leicht. Auch nicht der folgende steile Abstieg. Runterlaufen ist
anstrengend, insbesondere wenn der Weg holprig ist. Die letzten beiden Kilometer. Ein leichtes
angenehmes Gefälle und Asphalt. Das Ziel fast zum Greifen nah. Auf der
Promenade Richtung Sparrenburg sind die Anstrengungen fast vergessen und ich
kann diesen Zieleinlauf ohne wenn und aber genießen. Ich bin den
"Hermann" gelaufen - wer hätte das vor vier Wochen gedacht.
Zusammenstellung der
Läufe im April 2017
Sonntag,
30.04.2017 31,1 km 4:08:17 h
Samstag, 29.04.2017 2
km 0:14:28 h
Freitag, 28.04.2017
2,09 km 0:14:09 h
Donnerstag, 27.04.2017
2 km 0:13:54 h
Mittwoch, 26.04.2017
9,37 km 1:06:34 h
Dienstag, 25.04.2017
2 km 0:13:22 h
Montag, 24.04.2017 2
km 0:13:48 h
Sonntag, 23.04.2017
22,5 km 2:43:20 h
Samstag, 22.04.2017 2
km 0:13:29 h
Freitag, 21.04.2017 5
km 0:34:05 h
Donnerstag, 20.04.2017
2,07 km 0:13:47 h
Mittwoch, 19.04.2017
5 km 0:34:21 h
Dienstag, 18.04.2017
2,02 km 0:13:37 h
Montag, 17.04.2017
31,5 km 3:48:44 h
Sonntag, 16.04.2017
2,15 km 0:15:00 h
Sonntag, 16.04.2017 0
km 0:10:00 h
Samstag, 15.04.2017
2,07 km 0:14:48 h
Freitag, 14.04.2017
24 km 2:55:53 h
Donnerstag, 13.04.2017
2 km 0:13:45 h
Mittwoch, 12.04.2017
10 km 1:12:15 h
Dienstag, 11.04.2017
2,009 km 0:13:36 h
Montag, 10.04.2017 16
km 1:56:34 h
Sonntag, 09.04.2017 5
km 0:34:42 h
Samstag, 08.04.2017 2
km 0:14:41 h
Freitag, 07.04.2017 5
km 0:33:25 h 345
Donnerstag, 06.04.2017
1,81 km 0:12:17 h
Mittwoch, 05.04.2017
5,01 km 0:34:20 h
Dienstag, 04.04.2017
1,8 km 0:12:19 h 123
Montag, 03.04.2017 12
km 1:22:43 h
Sonntag, 02.04.2017
6,62 km 0:46:59 h